Mangelnder Verbraucherschutz: Windlobby blockt Anlegerschutz
Der Bundesverband Windenergie will seinen eigenen Ratgeber für Anleger nicht frei zugänglich machen. Einigen BWE-Mitgliedern ist er zu branchenkritisch.
Trotz aktueller Warnungen vor riskanten Windkraftbeteiligungen weigert sich der Bundesverband Windenergie (BWE), seinen Leitfaden für Windparkanleger der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dieser Leitfaden wurde vom Anlegerbeirat des BWE verfasst und beschreibt auf 74 Seiten, worauf Anleger vor ihrem Investment in einen Windpark achten sollten. Dabei geht es etwa um die Bewertung von Jahresabschlüssen, die Rechte von Anlegern und um Risiken, die einige Anlagemodelle in der Windkraftbranche kennzeichnen.
Während der BWE auf seiner Internetseite verschiedene Broschüren zum Herunterladen öffentlich anbietet, können auf den Anlegerleitfaden nur zahlende BWE-Mitglieder in einem passwortgeschützten Bereich zugreifen. Zudem wurde der Leitfaden auf 19 Dateien verteilt. „Es gab innerhalb des Verbands erhebliche Schwierigkeiten, die Veröffentlichung des Ratgebers durchzusetzen“, sagte Reinhard Ernst vom Anlegerbeirat des BWE der taz. Insbesondere Windparkprojektentwickler hätten sich beschwert, das Dokument sei zu branchenkritisch.
Unter dem Dach des BWE sind die teils widerstrebenden Interessen von rund 20.000 Mitgliedern vereint, darunter Hersteller von Windkraftanlagen, Betreiber von Windparks, Finanzierer und Planungsbüros. „Die Publikation im passwortgeschützten Bereich war letztlich ein Kompromiss, der eigens auf einer Vorstandssitzung des BWE gefasst wurde“, sagte Reinhard Ernst. Das vollständige Dokument können Interessenten bislang aber nur auf Rückfrage beim Anlegerbeirat des BWE bekommen. Dessen Version enthält auch Firmennamen, die in der offiziellen BWE-Fassung ausgespart wurden.
BWE-Sprecher Ulf Gerder bestätigte gegenüber der taz, dass sich „der Vorstand des Verbandes gegen eine Publikation des Ratgebers“ entschieden habe. „Der Anlegerbeirat hat das Dokument aus eigenem Antrieb verfasst“, sagte Gerder. Publikationen mit dem offiziellen Logo des BWE könnten aber nur erscheinen, wenn über diese Einigkeit im Verband herrsche. „Als Mitgliederorganisation gehört die massenwirksame Verbraucherberatung aber nicht zu unseren primären Aufgaben“, sagte Gerder.
Die taz hatte am Freitag über riskante Geldanlagen von Windparkprojektentwicklern berichtet, die als angeblich risikolose Beteiligungen mit hohen Renditen vermarktet werden. Dabei besteht bei den ausgegebenen Genussscheinen das Risiko des Totalverlusts. Der Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest, Hermann-Josef Tenhagen, unterstützte die Warnung: „Genussscheine sind nichts für Kleinanleger“, sagte er am Freitag der taz: „Wer behauptet, es gebe risikolose Unternehmensbeteiligungen, der lügt.“
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