Kommentar Grüne Geldanlagen: Gier mit Ökoschleifchen
Kleinanleger werden von "grünen" Kapitalanlagen angelockt. Doch die grünen Konzerne arbeiten mit denselben dubiosen Mechanismen wie die Konkurrenz.
G rüne Kapitalanlagen sind für viele Anleger zum Königsweg geworden. Hier können sie ihr Geld ethisch korrekt anlegen und dabei noch eine hübsche Rendite kassieren.
Gerade Windparks scheinen diesen Anspruch ideal zu erfüllen: Die Technologie funktioniert, die staatliche Förderung für den Windstrom garantiert langfristige Einnahmen. Doch in der boomenden Branche mit den sauberen und sicheren Renditen tauchen immer mehr dubiose Anbieter auf.
Ihre Werbung zielt vornehmlich auf gutgläubige Kleinanleger und lockt mit Verzinsungen weit über marktüblichem Niveau. Dabei arbeiten viele Vermarkter von Windparkfonds mit denselben Mechanismen, welche die Blasen auf den globalen Finanzmärkten verursacht haben.
Tarik Ahmia ist Redakteur der taz im Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Es ist die Verheißung der wundersamen Geldvermehrung: So wie einst amerikanische Banken verbriefte Kredite mit astronomischen Zinsversprechen versahen und damit die Weltwirtschaft verseuchten, so ist die Gier der Anleger auch bei vielen grünen Geldanlagen die treibende Kraft. Nur ist ihre Gier mit einem Ökoschleifchen dekoriert.
Wer dauerhaft risikolose Traumrenditen verspricht, der handelt vor allem mit Illusionen. Auch die Branche der erneuerbaren Energien ist längst von diesem Virus infiziert. Wer sein Geld nachhaltig investiert, sollte deshalb ernsthaft prüfen, ob das konkrete Anlageprodukt den eigenen moralischen Ansprüchen wirklich standhalten kann.
Aber für diese Entscheidungen ist auch Fachwissen nötig, das vielen Anlegern fehlt. Bislang werden sie ausgebufften Verkaufsprofis durch die Abwesenheit jeder Aufsicht und durch absurde gesetzliche Regelungen fahrlässig ausgeliefert. Wer etwa einem Verkaufsprospekt glaubt und sich für 20 Jahre in einem Windparkfonds engagiert, der hat auch bei falschen Prospektangaben praktisch keine Chancen, sein Recht einzuklagen: In Deutschland endet die Prospekthaftung bereits nach sechs Monaten.
Großbritannien hat dagegen gezeigt, dass es auch im grauen Kapitalmarkt Anlegerschutz geben kann. Es wäre ein Anfang, hierzulande Anlageprodukte jeder Art nach denselben Standards zu beaufsichtigen, die bereits für Banken und Versicherungen gelten. Doch in Deutschland hat bislang jede Bundesregierung Versuche erfolgreich blockiert, den grauen Kapitalmarkt zu zähmen. Das muss sich ändern.
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