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Manfred Nidl-Petz

Freddy Quinn (so sein Künstlername) wurde am 27. September 1931 in Wien als Manfred Nidl geboren: Zumindest das Geburtsdatum gilt im Gegensatz zu den meisten anderen Details in seinem Leben als unstrittig. Sein Vater sei ein Kaufmann irischer Abstammung gewesen, seine Mutter die Verlegerin der Wiener Tierpost. Als Vierjähriger, so die Fama, sei er von seinem Vater nach Morgantown, Virginia, geholt worden.

Nach dem Besuch von Schulen in den USA, in Wien und Antwerpen verließ Freddy Quinn – wie er sich später nannte – die Schule, um ein typisches Nachkriegstrampleben zu führen – samt einer kurzen Zeit bei der Fremdenlegion und einem Gastspiel beim Zirkus. 1950 kam Quinn nach Hamburg, wo er in der Washington-Bar erste Proben seines Könnens auf der Gitarre und mit der sonor schluchzenden Stimme ablieferte.

1954 erhielt er sein erstes festes Engagement in der Hamburger Tarantella-Bar, einem Edelschuppen, in dem auch die erste Schallplattenaufnahme entstand, mit der Quinn schließlich seinen Vertrag mit der Polydor, dem damals entscheidenden deutschsprachigen Pop-Label, erhielt: Der Sänger sollte als deutsches Pendant zum amerikanischen Bill Haley aufgebaut – als Bohème-Rock-’n’-Roller sozusagen.

1956 erwies sich das Talentscouting der Polydor in Sachen Freddy Quinn als Volltreffer: Zwar missriet seine Teilnahme (für die ARD) am allerersten Grand Prix Eurovision in Lugano – Quinn hatte mit seinem viel zu rockigen Song „So geht das jede Nacht“ gegen Lys Assias gefälligem „Refrain“ keine Chance.

Aber fast zeitgleich stieg der Titel „Heimweh“ als Hymne an die Entfremdeten, Heimatlosen und Entwurzelten. Perfekter vermochte damals kein anderer Sänger das melancholische Gegengefühl zur Wirtschaftswundermunterkeit auszudrücken: Freddy Quinn war über Nacht zum zeitgeistigen Superstar geworden.

Bis Mitte der Sechzigerjahre blieb Freddy Quinn – den Land & Leute stets für den Hamburger Seemann schlechthin hielten – in dieser Position. Titel wie „Unter fremden Sternen“, „Die Gitarre und das Meer“, „Der Legionär“ oder „Junge, komm’ bald wieder“ stehen für diese Zeit.

Am Ende jenes Jahrzehnts war sein Stern heftig am Verglühen. Die Art seines Gesangs wirkte antiquiert, die Lieder patiniert. Seine in den ersten Karrierejahren gewonnenen Fans halten ihm indes bis heute die Treue: Tourneen mit Musicals (beispielsweise: „Große Freiheit“) sind meist schon im Vorverkauf sehr rentabel.

Zum 70. Geburtstag sendet die ARD eine Geburtstagsgala (27. September, 20.15 Uhr); das ZDF hat bereits vier Tage zuvor (20.15 Uhr) eine von Dieter Thomas Heck moderierte Show im Angebot, in der sich Zeitzeugen an „ihren“ Freddy Quinn erinnern. Die Sendereihe „Legenden“ widmet ihre Folge am 20. September dem neben Udo Jürgens, Caterina Valente, Peter Kraus, Marius Müller-Westernhagen und Peter Maffay wichtigsten deutschsprachigen Popkünstler der Nachkriegszeit.

Universal bringt unter dem Polydor-Label eine Doppel-CD mit einer Reihe von nur im Ausland veröffentlichten Freddy-Songs heraus; das Gros der Lieder ist auf diversen CDs und in einer Box bei Bear Family Records wiederveröffentlicht worden. JAF

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