: Manches Glück liegt in der Familie
Und das Unglück bestimmt noch dazu: Schöpfwerk zeigt es in einer schwarzen Komödie im Theaterhaus Mitte
Am Anfang war eigentlich alles in Butter: „Als Gott am sechsten Schöpfungstage alles ansah, was er gemacht hatte“, reportiert Kurt Tucholsky, „war zwar alles gut, aber dafür war auch die Familie noch nicht da. Der verfrühte Optimismus rächte sich, und die Sehnsucht des Menschengeschlechtes nach dem Paradiese ist hauptsächlich als der glühende Wunsch aufzufassen, einmal, nur ein einziges Mal ohne Familie dahinleben zu können.“ Die Familie also. Urquell der Pein. Womit auch gleich geklärt ist, wer die Schuld daran trägt. Die Eltern natürlich. Haben ja die Brut erst in die Welt gesetzt, die sich dann weiter mit dieser destruktiven Gesellschaftsform Familie herumschlagen muss, selbst wenn sich die Erzeuger längst getrollt haben. Um die gesellige Frage „Wer sind wir überhaupt?“ geht es auch in „Wer ...“, einem Stück des niederländischen Autors Oscar van Woensel, in dem fünf Geschwister zur Beerdigung ihrer Eltern noch einmal aufeinander prallen. Die Mutter einst eine gefeierte Thomas-Bernhard-Interpretin, der übermächtige Vater ein Fernsehzar. Die Äpfel nicht weit vom Stamm gefallen. Also versucht sich auch der Nachwuchs mehr oder weniger erfolgreich im künstlerischen Metier. Diese Äpfel aber sind faul. Familienopfer halt. Ängste, Sucht und Inzest; alles kommt bei der alkoholgetränkten Abrechnung auf den Tisch. Die Identitätssuche verliert sich im Treibsand. Ein Familienfest als schwarze Komödie, in der Berliner Erstaufführung mit der Theatergruppe Schöpfwerk.
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