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Manager gegen die Verelendung

Um Problemquartieren zu Leibe zu rücken, will Berlin ab Januar „Quartiersmanager“ einsetzen. Kritiker befürchten, daß damit die Probleme nur verwaltet werden  ■ Von Uwe Rada

Kein Touristenbus ruckelt vorbei, keine Reisegruppen suchen die Hinterhöfe nach hungernden Künstlern und provisorischen Ateliers ab. Am Boxhagener Platz im Ostberliner Bezirk Friedrichshain geben nicht wie im Prenzlauer Berg Jungdesigner den Ton an, sondern Punks, Rentner und jene Familien, die sich einen Wegzug ins Grüne noch nicht leisten konnten oder wollten. Was die einen als „Friedrichshainer Mischung“ loben, sehen andere als Problem.

In einer Studie des Stadtsoziologen Hartmut Häußermann zur „sozialen Stadtentwicklung“, die in Berlin vor knapp einem Jahr für Aufsehen sorgte, galt der Boxhagener Platz als eines von drei Ostberliner „Problemquartieren“. Vor allem in den Berliner Innenstadtbezirken, so Häußermann damals, drohe ein „Abkippen“, wogegen der Senat durch ein Quartiersmanagement und die Unterstützung lokaler Ressourcen schleunigst steuern solle.

Mittlerweile sind in Berlin Begriffe wie sozialräumliche Segregation, Fluktuation, soziale Entmischung und Verslumung in aller Munde. Gleiches gilt für die neue Zauberformel „Quartiersmanagement“. Dank der Umtriebigkeit des sozialdemokratischen Stadtentwicklungssenators Peter Strieder, der die Häußermann-Studie in Auftrag gegeben hatte, hat das Modewort auch bei Mieterberatern und Sanierungsträgern traditionelle Begriffe wie „behutsame Stadterneuerung“ verdrängt.

Wenn nun die Stellen für die ersten Quartiersmanager am Boxhagener Platz, in der Wrangelstraße in Kreuzberg und der Soldiner Straße im Wedding ausgeschrieben werden, befinden sich unter den Bewerbern auch viele, die noch vor einem Jahr kritisiert hatten, daß man angesichts zahlreicher Initiativen in den „Problemquartieren“ das Rad nicht neu erfinden müsse. Am Quartiersmanager, so scheint es, kommt in Berlin so schnell keiner mehr vorbei. Dabei gilt es selbst in Expertenkreisen immer noch nicht als ausgemacht, was denn von wem mit welchem Ziel zu managen sei. In den Ausschreibungsunterlagen des Senats ist zwar wortreich von „Stadtteilkoordination“, „Organisation der Bewohneraktivierung“ und „Konzeptentwicklung und Projektbegleitung“ die Rede. Aber mehr als die Finanzierung eines Runden Tisches, das räumt man auch in Strieders Verwaltung ein, wird damit nicht möglich sein.

Mit jährlich zwei Millionen Mark lassen sich Arbeitslosigkeit und wachsende Armut eben nicht bekämpfen. Die bündnisgrüne Abgeordnete Ida Schillen sieht sich deshalb in ihrer Vermutung bestätigt, daß mit dem Quartiersmanagement ein „Verständnis von Kommunalpolitik“ eingeführt wird, „bei der staatliche Aufgaben zunehmend an private und lokale Träger delegiert werden“.

Daß sich hinter einem Paradigmenwechsel – weg von der Verbesserung der Lebensverhältnisse im Quartier und hin zur Moderation der Probleme – nicht selten auch unterschiedliche Vorstellungen über die wünschenswerte Entwicklung mancher Quartiere verbergen, zeigt sich am Boxhagener Platz. Wolfgang Gemünd zum Beispiel, Mitglied des bezirklichen Wohnausschusses, will von einem Problemquartier gar nicht erst reden. Er lobt vielmehr das Nebeneinander verschiedener Bevölkerungsschichten, die sich vor allem im Sommer auf der frisch renovierten Platzanlage treffen. Ein Nebeneinander freilich, das von zunehmender Umwandlung in Eigentumswohnungen und privaten Modernisierungsmaßnahmen bedroht sei. Wie auch die Friedrichshainer Baustadträtin Martina Albinus-Kloss (PDS) fordert Gemünd deshalb die Ausweisung des Quartiers als Milieuschutzgebiet und die damit mögliche Einführung von Mietobergrenzen.

Davon wollte Strieder lange Zeit nichts wissen. Das Problem am Boxhagener Platz seien nicht steigende Mieten, sondern der Wegzug der einkommensstarken Bevölkerung, dem man vielmehr mit Maßnahmen der Wohneigentumsbildung beikommen müsse. Mietobergrenzen, so Strieder, würden sich da eher investitionshemmend auswirken. Mittlerweile haben sich die Beteiligten zwar auf die Einführung einer – wesentlich schwächeren – Mietbegrenzung geeinigt. Doch für Gemünd bleibt ein Vorgeschmack darauf, wie künftig das Quartiersmanagement gegen wesentlich konkretere Maßnahmen zum Schutz der Bewohner ausgespielt werden könnte.

An den Erfolg eines Quartiersmanagers glaubt Gemünd nicht: „Der müßte die Managementfähigkeiten eines Bill Gates mit der sozialen Güte von Mutter Teresa verbinden“, sagt er, „und das gibt es nicht.“

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