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Manager Allofs über VfL Wolfsburg„Sind wir nicht sympathisch?“

Wolfsburg-Manager Klaus Allofs erkärt, wie er es mit der Wahrheit hält. Und warum sich das Werder-Modell nicht auf den Werksklub übertragen lässt.

Klaus Allofs: Grinsen im Auftrag von Volkswagen Bild: dapd
Interview von Christian Otto

taz: Wie werden Sie am Samstag Ihren langjährigen Bremer Weggefährten Thomas Schaaf begrüßen, der plötzlich Ihr Gegner ist?

Klaus Allofs: Ganz normal. Wir haben uns sonst vor einem Spiel auch nicht innig umarmt. Und wir werden uns bei unserem Wiedersehen nicht auf den Präsentierteller begeben. Ich weiß: Jede Gefühlsregung von mir wird wahrscheinlich medial beobachtet und interpretiert.

Hat Sie der große Wirbel wegen Ihres Wechsels mitten in der Saison überrascht?

Das Medienecho ist schon sehr groß. Aber ich finde das nicht dramatisch.

Weil Sie schon seit langer Zeit in einer Branche arbeiten, in der man nicht immer die Wahrheit sagen kann?

Gegenfrage: In welcher Branche wird denn immer die Wahrheit gesagt? In meinem Fall ist an den bedeutenden Stellen immer offen gesprochen worden – also in der Zusammenarbeit mit Thomas Schaaf, mit meinen Kollegen in der Geschäftsführung und mit meinem Aufsichtsrat. Das ist für mich wichtig. In der Öffentlichkeit stand im Vordergrund, die Ruhe zu bewahren und die Mannschaft nicht negativ zu beeinflussen. Deshalb habe ich auch kein schlechtes Gewissen.

Können Sie die Debatte darüber verstehen, dass der Wechsel eines Geschäftsführers oder Managers mitten in der Saison zur Konkurrenz verboten gehört?

Bedeutet das denn auch, dass kein Manager mehr mitten in der Saison entlassen werden darf? Aus meiner Sicht, macht es keinen Sinn, über Wechselfristen für Manager nachzudenken. Es stimmt: Wir denken in dieser Branche immer in Spielzeiten. Aber mitten in der Saison zu gehen, hat es mir, und ich glaube auch dem Verein, sogar leichter gemacht. Ich denke, dass es ein guter Moment war. Die Arbeit für Werder war in dieser Saison weitestgehend getan. Es gab einen Umbruch, die Mannschaft ist auf den Weg gebracht worden, und sie funktioniert.

Konnte Werder gar nicht Nein sagen, als die Anfrage kam? Der Volkswagen-Konzern, dem der VfL Wolfsburg gehört, ist schließlich auch Sponsor von Werder.

Die Verantwortlichen von Werder konnten und wollten nicht Nein sagen, weil wir korrekt und sehr gut miteinander umgegangen sind. Und wer sich 13 Jahre lang mit dem Verein identifiziert und ihn repräsentiert hat, dessen Entscheidung sollte man respektieren. Ich war bei den Gesprächen rund um meine Vertragsauflösung in Bremen nicht dabei. Und da bin ich von den Verantwortlichen auch bewusst außen vor gelassen worden. Ich weiß aber, wie die vertragliche Situation zwischen Werder und VW ist. Und da bestand rund um meinen Wechsel keine Gefahr.

Welche Strukturen und wie viel Fußballkompetenz finden Sie in Wolfsburg vor?

Ich kann nicht nach einer Woche bei einem neuen Verein sagen, was gut ist und was falsch ist. Ich bin ohne Vorurteile hierher gekommen, bin für alles offen, möchte beobachten und mir in Ruhe ein Bild machen. Von dem, was schiefgelaufen ist, und von dem, was sich bewährt hat.

Sind Sie in der Wolfsburger Trainerfrage auch ganz offen?

Das Erste, was ich hier getan habe, war ein Gespräch mit Lorenz-Günther Köstner zu führen. Ich habe ihm gesagt, dass das vollste Vertrauen da ist. Die Mannschaft ist bei ihm in guten Händen. Wir gehen ganz offen miteinander um.

reuters
Im Interview: Klaus Allofs

ist gelernter Versicherungskaufmann und ehemaliger Fußballprofi. Er arbeitete über 13 Jahre als Manager für Werder Bremen. Die größten Erfolge: der Gewinn der Meisterschaft und des Pokals 2004 und der erneute Pokalsieg 2009. Mitte November löste der 55-Jährige seinen Vertrag auf und wechselte zum VfL Wolfsburg.

Ihre Vorgabe ist, aus dem VfL Wolfsburg einen sympathischen Verein zu machen.

Soll man daraus schließen, dass das hier kein sympathischer Verein ist? Und was heißt eigentlich sympathisch? Wir müssen anstreben, dass man sich mit dem VfL Wolfsburg identifizieren und unsere Entscheidungen nachvollziehen kann.

Hat es die Transferpolitik von Felix Magath den Spielern und Fans erschwert, sich mit dem VfL zu identifizieren?

Ich werde die Arbeit meines Vorgängers nicht bewerten. Aber was die Größe unseres Kaders betrifft, glaube ich schon, dass die Gruppe zu groß ist. Sie muss so groß sein, dass am Ende jeder Spieler eine reelle Chance hat, auch mal zu spielen und dass junge Spieler herangeführt werden. Was genau richtig ist, das werden wir gemeinsam mit dem Trainer herausfinden.

Sie gelten als charmant und erfolgreich zugleich. Sind Sie in Wolfsburg jetzt der Gegenentwurf zu Magath?

Ich arbeite sicherlich anders als Felix Magath. Aber sicher auch etwas anders als andere Kollegen aus der Bundesliga. Jeder hat seinen Stil und seine Eigenarten. Uns verbindet aber alle der Ehrgeiz und das Streben nach Erfolg.

Wollen Sie aus dem VfL Wolfsburg ein neues Werder Bremen machen?

Ganz sicher nicht – auch wenn Werder in einigen Bereichen ein Vorbild sein kann. Jeder Klub hat seine Eigenheiten. Natürlich werde ich versuche, meine Erfahrung aus den letzten Jahren hier einzusetzen und Gutes auf den VfL zu übertragen. Aber einige Dinge werden auch nicht hierher hinpassen.

Haben Sie das Gefühl, von einer Familie in einen Konzern gewechselt zu sein?

Der Begriff Familie hat es auch in Bremen nicht immer richtig getroffen. Wir hatten ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Ich habe nicht den Eindruck, aus einer behüteten Sache in eine Firma zu kommen, in der es knallhart zur Sache geht. Ich bin hier mit offenen Armen und warmherzig empfangen worden.

Zuletzt sollte der VfL noch mit Macht möglichst schnell ins internationale Geschäft. Von Ihnen hört man solche ehrgeizigen Zielvorgaben nicht.

Wie schon erwähnt, möchte ich mir erst einen Überblick verschaffen, und anschließend kann man über konkrete Ziele sprechen.

Ihnen wird wegen der Finanzkraft von VW unterstellt, Sie seien im Paradies gelandet. Haben Sie nachgefragt, welche Budgets zur Verfügung stehen?

Ich bin auch deshalb nach Wolfsburg gewechselt, weil mir versichert worden ist, dass die Möglichkeiten und die Ziele hier ambitioniert bleiben.

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