Malteser zur Lage im Erdbebengebiet: „Zum Krieg kommt die Katastrophe“

Die Malteser unterstützen seit Jahren Kliniken in Syrien. Nach dem Beben wollen sie ihre Hilfe aufstocken, sagt Nothilfe-Leiter Oliver Hochedez.

Vier Männer in der Uniform des THS stehen auf dem Schutt eines eingestürzten Hauses

Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks stehen in den Trümmern eines eingestürzten Gebäudes Foto: Katharina Garrecht/THW/dpa

taz: Herr Hochedez, die deutschen Hel­fe­r*in­nen von Technischem Hilfswerk und International Search and Rescue haben ihre Suchmaßnamen in der Türkei am Montag beendet. Was bedeutet das für die weitere Arbeit im Erdbebengebiet?

Oliver Hochedez: Die Such- und Rettungsphase neigt sich dem Ende zu. Die nächste Phase ist jetzt, die unmittelbare Versorgung der Menschen zu gewährleisten, die unter dem Erbeben gelitten haben. Also Menschen zu unterstützen, die ihr Haus verloren haben, oder den Menschen, die traumatisiert sind, psychologisch zu helfen. Der Zugang zu Hilfe, Medikamenten, Nahrungsmitteln muss sichergestellt sein, auch die Wasserversorgung. Und sie müssen relativ schnell unterkommen in feste Unterkünfte, weil es hier so kalt ist, dass man nicht auf Dauer draußen übernachten kann.

Der 49-Jährige ist Leiter der Nothilfe von Malteser International.

Die Malteser sind seit mehr als zehn Jahren vor Ort in der Provinz Gaziantep in zwei Städten aktiv. Was bedeutet das Erdbeben für Ihre Arbeit?

Wir setzen von hier aus unsere Hilfe in Syrien fort und werden auch unsere Hilfe in der Türkei ausweiten. Unsere Partnerorganisationen in Nordwest-Syrien führen Krankenhäuser, dann gibt es noch andere gesundheitliche Organisationen, die wir unterstützen. Wir werden sie von hier aus weiter mit Medikamenten ausstatten und mit allem anderen, was gebraucht wird, also Decken und Heizgeräte zum Beispiel.

Wie ist denn die aktuelle Situation auf der syrischen Seite?

Über unsere Partner vor Ort wissen wir, dass die Lage dort angespannt ist. Da ist Krieg, und dann kommt auch noch die Naturkatastrophe hinzu. Kinder dort haben zum Beispiel nichts anderes erlebt als den Krieg, wenn sie zwölf Jahre alt sind. Und dann ist da die politische Lage, die verhindert, dass wir die Hilfe leisten können, die wir gerne leisten würden. Aber wir haben sehr gute Partner dort, die unter großem Einsatz weiter helfen. Wir sind da eigentlich nur in zweiter Reihe, aber das ist das Mindeste, was wir tun können.

Wissen Sie denn, was sich in Syrien seit dem Beben zuträgt? Wie laufen die Hilfen dort?

Such- und Rettungsaktionen wurden dort über die Weißhelme gemacht. Mit den Möglichkeiten, die es hier in der Türkei gab, sind die Hilfen dort aber auf gar keinen Fall zu vergleichen. Schweres Gerät hatten die Helfer dort zum Beispiel teilweise gar nicht zur Verfügung.

Wie helfen die Malteser jetzt konkret im Erdbebengebiet?

Heute sollen zwei Lkws mit Zelten, Heizgeräten und Decken in Kilis ankommen, die wir schon am vergangenen Dienstag beschafft und am Mittwoch von Deutschland auf den Weg gebracht haben. Die werden wir dann von hier aus an unsere Partnerorganisation, den Roten Halbmond in der Türkei, übergeben, der dann die Verteilung übernimmt.

Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden?

Die läuft gut, alle sind sehr kooperativ. Das Erdbeben hat eine wahnsinnig große Fläche betroffen, nach einer schwierigen Anfangsphase läuft die Koordinierung jetzt viel besser. Die Prämisse ist jetzt, Leben zu retten, da kann man sich nicht mit aufwändiger Bürokratie aufhalten, wir arbeiten Hand in Hand.

Was können Menschen in Deutschland jetzt tun, wenn sie helfen wollen?

Am besten ist es, Geld zu spenden. Das ist unbürokratisch und flexibel. Die Organisationen vor Ort können dann am besten entscheiden, was aktuell dringend gebraucht wird. Sachspenden können nicht so gezielt eingesetzt werden und brauchen auch lange, bis sie hier sind.

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