Malte Voigt über Profihandball: „Ein Haifischbecken“

Handballer Malte Voigt ist beim THW Kiel eingesprungen, weil die Stammlinksaußen ausgefallen waren. Nach der Meisterschaft ist der Abstecher vorbei.

Eine Gruppe von jungen Männern in Jeans umarmt sich, einer hält eine Silberschale

Titelgewinn mit den Profis vom THW Kiel: Malte Voigt (2.v.r.) hat ausgeholfen Foto: Frank Molter/dpa

Herr Voigt, gerade noch Meisterschaftsparty mit dem THW Kiel, jetzt wieder Dritte Liga. Wie fühlt es sich an, zurück beim TSV Altenholz?

Malte Voigt: Das ist für mich ein starkes Heimatgefühl, weil ich seit 2014 hier spiele und ein Zuhause gefunden habe. Ich freue mich, in der nächsten Saison wieder eine größere Rolle auf dem Spielfeld zu spielen. Das ist in der Zeit etwas verloren gegangen. Auch wenn es beim THW ein super Weltklasseniveau ist, ist meine Spielzeit ein bisschen kurz gekommen, als wir zu dritt auf der Position waren. Am Ende stand ich nur noch sporadisch auf dem Platz.

Konnten Sie sich in den Spielen und dem Training beim THW etwas abgucken?

Technisch konnte ich mir vor allem bei Magnus Landin etwas abgucken. Zum Beispiel, wie man den Arm bewegt, um den Torhüter zu bewegen. Was aber auch mitreißend und beeindruckend ist, ist die Einstellung der Jungs: Sich auf den Punkt fokussieren zu können, um auf hohem Niveau zu spielen, in einer Saison mit eng getaktetem Spielplan. Ich habe auch gelernt, Gelassenheit zu bewahren. Mit Niklas Landin hatte ich den besten Torhüter der Welt auf dem Platz. Nichts gegen unsere Torhüter aus Altenholz, aber das ist eine andere Welt, jetzt bei denen im Ligabetrieb zu werfen. Ich bin weniger nervös, weil ich mit Selbstbewusstsein wiederkomme und freue mich, das in Altenholz als mittlerweile erfahrenster Spieler in die Waagschale zu werfen und Erfolge zu feiern.

Hadern Sie manchmal damit, dass Sie es trotz des jahrelangen Trainings nicht weiter als in die Dritte Liga geschafft haben?

Ich glaube, es ist normal, mal zu hadern. Gerade auf dem Level, auf dem ich mich jahrelang bewegt habe: Zwischen Profitum und Amateursport. Letztlich haben wir in der Dritten Liga vom Training annähernd denselben Aufwand wie in der Bundesliga. Es kommt dabei nur weniger rum. Der Spaß steht im Vordergrund. In Kiel habe ich eine Heimat gefunden und wir sind in der Tabelle immer unter den ersten drei gelandet. Dadurch, dass der Verein in Altenholz familiär ist und professionelle Strukturen hat, war das ein großer Wohlfühlfaktor für mich und ich trauere keinen Entscheidungen nach. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht ärgert, nach all den Jahren kein gestandener Profi zu sein. Aber so konnte ich mir immerhin das Studium finanzieren und unabhängig von meinen Eltern leben.

Wenn der Aufwand zur Ersten Liga ähnlich ist, welche Unterschiede haben Sie beim THW bemerkt?

Das Gehaltsgefüge. Der Kollege Sven Ehrichs ist einmal sieben Minuten zu spät gekommen und musste fast 200 Euro in die Mannschaftskasse zahlen. Jede weitere Minute kostet 25 Euro. Aber unsere Kasse in Altenholz ist für das Gehalt, was wir bekommen, auch üppig und man muss aufpassen. Um über den Aufwand zu sprechen: In Altenholz sind die Spiele am Wochenende. Deshalb können wir anders trainieren.

28, spielte in der letzten Saison beim THW Kiel in der Ersten Bundesliga Handball auf der Position Linksaußen. Nach der Saison kehrte er zu seinem Stammverein, dem THW-Kooperationspartner TSV Altenholz in die Dritte Liga zurück. Ursprünglich kommt er aus Bredtstedt bei Husum und spielt seit seinem elften Lebensjahr Handball.

Inwiefern?

In einer Saison wie jetzt, wo wir mit dem THW drei Spiele die Woche hatten, wird da kaum noch trainiert, weil alle erst mal ihre Blessuren auskurieren müssen. Es wird taktisch gearbeitet und Feingefühl ist gefordert. Ich würde fast behaupten, dass wir über die Länge der Saison mit Altenholz härter trainieren als mit dem THW. Dafür gibt es im Training dort detaillierte Briefings, wann man sich zu bewegen hat. Für einen Filip Jicha reichen drei Vokabeln, dann wird einmal gefragt, ob es alle gecheckt haben und erwartet, dass es funktioniert. Wenn man so blöd war und Ja gesagt hat, ohne es zu checken, war man der Buhmann. Auf dem Niveau ist Druck da, da muss jeder mit umgehen können. Sonst hat man da nichts zu suchen. Sport ist da ein Haifischbecken.

Wovon hängt es in Deutschland ab, Handball-Profi zu werden?

Das ist so ein Dreiergeflecht aus Talent, Fleiß und Lockerheit im Kopf. Es gibt viele Jungs, die in ihren letzten Jugendjahren technisch überragend sind, aber es kopfmäßig nicht hinbekommen, ihr Können im Spiel unter Leistungsdruck und Zuschauern umzusetzen. Was man auch nicht unterschätzen darf, ist das Situationsglück, auf eine bestimmte Position zu rutschen, die gerade neu besetzt werden muss.

Was hat Ihre eigene sportliche Karriere am meisten beeinflusst?

Als ich mit 19 meinen ersten Profivertrag in Flensburg hatte, war ich so heimatverbunden, dass ich nicht von hier oben weggegangen wäre. Die Entscheidung hätte ich vielleicht anders machen sollen. Man weiß aber auch nicht, was dann dabei rausgekommen wäre. Deshalb hadere ich nicht. Rückblickend hätte ich mir gewünscht, dass ich damals noch ein bisschen fleißiger gewesen wäre. Ich habe sehr von meinem Talent gelebt. Und bei mir war früher auch der Kopf das Hindernis. Während meiner ersten zwei Profijahre war ich mental noch nicht stark genug, um auf Augenhöhe mit gestandenen und hierarchischen Persönlichkeiten zu spielen.

Rechnen Sie sich Chancen aus, nochmal in Ihrer Karrie­re in der Ersten Bundesliga zu spielen?

Ich bin mehrfach von spontanen Angeboten überrascht worden. Eigentlich habe ich mit Ende 20 immer gesagt, ich konzentriere mich jetzt auf die Karriere danach und will meinen Lebensmittelpunkt nicht mehr verlagern. Aber oft ist es irgendwie doch spontan möglich. Dementsprechend würde ich auch jetzt nicht „Nie“ sagen. Aber ich würde es mir von Jahr zu Jahr immer genauer überlegen.

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