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Maischberger-FakeSatiriker*innen sollen nicht klauen

Das Zentrum für Politische Schönheit fakte eine Gauland-Ausladung der ARD-Talkshow Maischberger. Die Produktionsfirma reagiert offenbar per Anwalt.

Sie sehen: das Original Foto: dpa

Regel eins beim Berichten über Social Media: Glaubt erst mal gar nichts. Vergangene Woche haben die Aktionskünstler*innen vom Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) den Facebook-Account des Maischberger-Redaktionsleiters gefälscht – um die Falschmeldung zu streuen, Maischberger habe, genau wie Frank Plasberg, den AfD-Bundesvorsitzenden Gauland vorläufig als Talkgast ausgeladen. Mehrere Zeitungen fielen drauf rein und verbreiteten die Meldung als Fakt.

Nun hat die Maischberger-Redaktion offenbar per Anwaltsschreiben von den Aktionskünstler*innen eine Unterlassungserklärung eingefordert. Weil sie sich für die gefälschte Facebook-Seite von Redaktionsleiter Theodor Lange dessen Bild sowie das Maischberger-Logo unerlaubt zu eigen gemacht hätten. Das ­Schreiben liegt der taz vor. Die Produktionsfirma Vincent TV wollte sich auf Anfrage nicht zu der Sache äußern.

Laut ZPS-Gründer Philipp Ruch haben die Künstlerinnen umgehend geantwortet und der Maischberger-Redaktion wiederum in einem Schreiben vorgeworfen, mit ihren Sendungstiteln rechtsradikale Thesen zu reproduzieren.

Das ganze Gauland-Thema ist eigentlich von letzter Woche, also was lernen wir daraus? Talkshow-Redaktionen verstehen manchmal nicht nur ihre eigene Arbeit nicht (wie die von „hart aber fair“, die einfach nicht einsehen will, dass Journalist*innen Themen setzen und nicht bloß „abbilden“). Manchmal verstehen sie auch einfach keinen Spaß.

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10 Kommentare

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  • Nach der einseitigen Themewahl, die der AfD nutzte, greift sie jetzt auch noch Linke für Satiere an. Kann es sein, dass die Moderatorin mit ihrem Verhalten nicht nur versehentlich sondern ganz und gar absichtlich der AfD nutzt?

     

    Wie eng ist eigentlich Maischberger mit der AfD verbunden?

  • Öffentl-rechtliche Journalisten haben eine gewisse Neutralität zu wahren. Andere sollten das auch, aber bei denen gehört es nicht so zum Auftrag. An Maischbergers Stelle würde ich mich bei so einem Identitätsklau daher fragen:

     

    "Würden wir auf diese Aktion juristisch reagieren, wenn umgekehrt z. B. Neoliberale eine Generalausladung an Sarah Wagenknecht gefälscht hätten?"

     

    Lautet die Antwort "Ja, klar.", sollte sich die Produzentin einer ÖR-Talkshow das auch nicht von einer linken Satire-Truppe gefallen lassen, deren Angriffsrichtung ihr vielleicht sympathischer ist.

     

    Davon abgesehen ist Identitätsklau in Zeiten der zunehmenden digitalen Kommunikation auch von Medieninhalten keine Bagatelle. Lässt man ihn durchgehen, verwässert man damit letztlich die eigene Glaubwürdigkeit im Netz - denn wer weiß in Zukunft noch, wer da wirklich textet?

  • Eine Unterlassungsklage beinhaltet keine Strafzahlung, deren Bemessung und der Nachweis des entstandenen Schadens schon eine große Schwierigkeit darstellt. Somit hat sich diese Aktion der Künstler gelohnt. Diese Helden bzw. Künstler haben dadurch einen enormen Beitrag für unsere Gesellschaft geleistet.

  • Manchmal verstehen sie auch einfach keinen Spaß.

    Und das erkennt man z.B. daran, dass das ZPS, nachdem Ihnen eine Unterlassungerklärung zur Unterzeichnung auf Grund einer Markenverletzung vorgelegt wurde, darauf bockig mit dem Vorwurf ggü. der Maischberger-Redaktion reagiert, diese würde rechtsradikale Thesen in Sendungstiteln reproduzieren?

    Da hat sich scheinbar keiner mit Ruhm bekleckert. Jedoch bleibt beim ZPS der Markenklau.

    • @Berliner Berlin:

      Schlimm schlimm, eine richtige satirische Straftat quasi. Und wenn man dann noch vergleicht, was Talkshows alles an Gutem tun für die Gesellschaft, da stinken so ein paar ganz gemeine Moralapostel sicher gegen ab ...

      • @Christian Clauser:

        Moralapostel

        Das scheint das Problem zu sein, dass immer weniger wissen, was Moral, Ehrlichkeit und Rücksichtnahme ist.

    • @Berliner Berlin:

      Hach ja. Markenklau.

       

      Das ist die Rhetorik der Copyright-Maximalisten. Eine "Marke" ist kein Eigentum, kann also nicht "geklaut" werden.

       

      Ja, es gibt ein Markenrecht. Nein, es sieht etwas anders aus als Eigentumsrecht. Und es gibt durchaus Fälle (Satire ist eins), in denen Marken unter bestimmten Umständen verwendet werden können. Wie es im konkreten Fall vor Gericht ausgehen könnte weiss keine*r von uns so genau.

       

      Es ist immer ein Risiko, und ich bin dem ZPS unendlich dankbar dafür, dass sie so etwas auf sich nehmen.

      • @tomás zerolo:

        Wenn Sie selbst nicht über Eigentum verfügen, geistiges oder materielles, dann können Sie sich süffisant zurücklehnen.

  • wär es von Böhmermann gewesen wär es super toll angekommen, wetten ?

    • @Klartexter:

      Soweit ich mich erinnere, wird da bei Böhmermann, extra3, heuteshow & co. gepixelt, was das Zeug hält und in Sketchen umgedeutet. Der Vergleich scheint also zu hinken.