: Mainz will doch mithören
Auch im Bundesrat wird der Lauschangriff mehrheitsfähig: Rheinland-Pfalz mahnt nur noch Änderungen im Detail an. Jetzt ist Bremen das Zünglein an der Waage ■ Von Sascha Borrée
Berlin (taz) — Eine Bundesratsmehrheit für den Großen Lauschangriff wird immer wahrscheinlicher. Rheinland-Pfalz will die nötige Grundgesetzänderung im Bundesrat nicht scheitern lassen. „Wir wollen den Lauschangriff verbessern, nicht verhindern“, sagte der Mainzer Justizminister Peter Caesar (FDP). Er hatte verlangt, neben den drei gesetzlich geschützten Berufsgruppen, den Abgeordneten, Geistlichen und Strafverteidigern, auch Ärzte, Journalisten und Anwälte generell vom Lauschangriff auszunehmen. Verdächtige sollten nur bei einem dringenden, nicht wie bisher vorgesehen schon bei einem einfachen Verdacht abgehört werden können. Außerdem müßten sie grundsätzlich nach sechs Monaten informiert werden, hatte Caesar gefordert. Den Katalog der Straftaten, die einen Lauschangriff rechtfertigen, will er nur mit Zweidrittel- und nicht mit einfacher Mehrheit ändern lassen.
Rheinland-Pfalz wird im Bundesrat voraussichtlich für den Lauschangriff stimmen, obwohl die verlangten Änderungen kaum wahrscheinlich sind. Die FDP in Mainz fürchtet, vom Wähler für eine Verhinderung des Lauschangriffes abgestraft zu werden.
Bundesinnenminister Manfred Kanther sieht keinen Spielraum mehr für Nachbesserungen. Die jetzige Regelung sei schon ein Kompromiß, sie sei „sachgerecht und rechtlich sauber“, sagte er in einem Interview. Auch der Rechtsausschuß des Bundesrates hat den Ländern gestern empfohlen, dem Lauschangriff zuzustimmen. Die Empfehlung kann aber schon mit einfacher Mehrheit ausgesprochen werden. Im Bundesrat dagegen muß die Grundgesetzänderung für den Großen Lauschangriffes mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden.
Die fünf rot-grün regierten Länder werden sich bei der Abstimmung am 6. Februar enthalten, alle anderen Länder müßten zustimmen, um die erforderliche Mehrheit zu erreichen; als Wackelkandidaten galten bisher Rheinland- Pfalz und das rot-schwarz regierte Bremen. Nachdem aber Rheinland-Pfalz voraussichtlich umfällt — die offizielle Entscheidung wird in einer Kabinettssitzung am 3. Februar getroffen —, werden jetzt die drei bremischen Stimmen entscheiden. Bremens Bürgermeister Henning Scherf gilt als Kritiker des Lauschangriffs; er unterstützt Peter Caesars Forderungen. Doch auch in Bremen deutet sich ein Einlenken aus wahltaktischen Gründen an. „Für die CDU wäre es ein gefundenes Fressen, die gesamte SPD vorzuführen und für die Gefährdung der inneren Sicherheit verantwortlich zu machen“, so ein Sprecher der Bremer Innenbehörde.
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