Mafiöse Strukturen: Onkel Sepp sorgt für die Familie

Die Fifa vergibt Vermarktungsrechte an Fußballweltmeisterschaften. Einer der Vertragspartner heißt Philippe Blatter und ist der Neffe des Weltverbandspräsidenten.

Der uneingeschränkte Herrscher bei der Fifa: Sepp Blatter. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Fußballfamilie funktioniert. Die Reformvorhaben, die Fifa-Chef Sepp Blatter bei der Sitzung des Exekutivkomitees Ende Oktober skizziert hat, beeinträchtigen das Geschäfte des Verbandes nicht. Für 300 Millionen US-Dollar hat die Fifa nun die sogenannten Hospitality-Rechte bis zum Jahr 2022 verkauft.

Das Unternehmen Match Hospitality erhielt den Zuschlag und darf nun die Logen, Businesssitze und exklusiven Reisen zu den Weltmeisterschaften der Männer und Frauen sowie für die Confederation Cups vermarkten. Ein schöner Deal für Blatter, auch weil das Geschäft zu einem gewissen Teil eine Familienangelegenheit ist.

Zwar heißt es in einer Fifa-Pressemitteilung zu dem Geschäft, dass "Match Hospitality aus einer von der Fifa durchgeführten Branchenanalyse als bester Anbieter" hervorgegangen sei, doch so recht glauben mag das keiner. Denn einer an dem Deal Beteiligten trägt den Namen Philippe Blatter und ist der Neffe des Fifa-Präsidenten.

Philippe Blatter ist Präsident des Sportrechtevermarkters Infront, der mit 5 Prozent an Match Hospitality beteiligt ist. Nicht zum ersten Mal fällt auf, dass sich die Firmen, für die Philippe Blatter tätig ist, über Aufträge der Fifa freuen können.

Der ehemalige Fifa-Generalsekretär Michael Zen-Ruffinen hat vorgerechnet, dass die Fifa Aufträge im Wert von 7 Millionen US-Dollar an die Consultingfirma McKinsey vergeben hat, als Blatters Neffe in deren Auftrag für den Weltverband tätig war.

Ob wirklich stimmt, dass Match Hospitality das beste Angebot vorgelegt hat, wird derjenige bezweifeln, der gesehen hat, wie schlecht besucht die VIP-Bereiche in den Stadien der Fußball-WM in Südafrika waren.

Riesige Verluste

50 Millionen US-Dollar Verlust soll Match Hospitality 2010 gemacht und etliche Hoteliers und Privatpensionen regelrecht in den Abgrund gerissen haben, weil die Buchung des Bettenkontingents kurz vor dem Turnier storniert wurde.

In Brasilien soll 2014 alles schon viel besser werden. Denn auch die Mehrheitseigner des Unternehmens, die mexikanischen Brüder Jaime und Enrique Byrom, wollen in die Profitzone zurückkehren.

Die beiden, die Blatters Vorgänger João Havelange als Ticketverkäufer zur Fifa gebracht hat, sind längst so etwas wie ehrenwerte Mitglieder der Fußballfamilie. Auch 2006 bei der WM in Deutschland waren sie mit dem Ticketing vertraut.

Das Gesetz des Schweigens

Nur sie wissen, wie es kommen konnte, dass der jüngst wegen Korruption aus der Fifa ausgeschlossene Jack Warner, vormals Chef des Nord- und Mittelamerikanischen Fußballverbandes, damals zu 6.000 Eintrittskarten gekommen ist, die er mit Millionengewinn weiterverkauft hat. Nur gesagt haben die zwei - ganz wie es sich für gute Fifa-Familienangehörige gehört - nie etwas über den Deal.

Sepp Blatters Neffe Philippe, der nur eine kleine Beteiligung am Hospitality-Geschäft hat, durfte in der vergangenen Woche auch noch ein richtig großes Geschäft mit der Firma seines Onkels abschließen.

Die Rechte für die Übertragung der Weltmeisterschaften 2018 in Russland und 2022 in Katar via TV, Radio und Internet in 26 Länder auf dem asiatischen Kontinent, darunter China, Indien, Indonesien und Thailand, wurden an Philippe Blatters Infront vergeben. Auch hier spricht die Fifa davon, dass die Firma aus dem schweizerischen Zug das beste Angebot vorgelegt habe. Ob das stimmt, kann niemand sagen.

Vetternwirtschaft

Die Fifa muss sich jedenfalls nicht wundern, wenn ihr, nur zwei Wochen nachdem sie sich selbst Transparenz verordnet und sogar eine Zusammenarbeit mit Transparency International (TI) angekündigt hat, Vetternwirtschaft vorgeworfen wird.

Sylvia Schenk, bei TI für Korruptionsfälle im Sport zuständig, meinte dazu, dass es, gerade wenn Verwandte Geschäfte miteinander machten, besonders wichtig sei, den Entscheidungsprozess offenzulegen, und forderte die Fifa zu "proaktivem" Handeln auf.

Der Verband indes sieht kein Problem, da Sepp Blatter selbst nicht in das Geschäft involviert gewesen sei. "Der Fifa-Präsident ist kein Mitglied des Finanzkomitees und war nicht anwesend, als die Entscheidung gefällt wurde", heißt es in einer Stellungnahme der Fifa.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.