Mafia in Japan: Kampf gegen die Yakuza
Die kriminellen Strukturen der Yakuza-Banden in Japan wurden bislang kaum angetastet. Jetzt schlägt den Verbindungen allmählich ein schärferer Wind entgegen.
Schon bald hat Tokios neuer Fernsehturm seine endgültige Höhe erreicht. Mit 634 Metern wird der Tokyo Sky Tree dann das zweithöchste Gebäude der Welt sein. Doch vielleicht noch interessanter ist ein großes Plakat am Bauzaun um die stählerne Struktur herum. In großen Lettern steht dort "Gangster sind nicht willkommen" und "Wir machen eine friedliche Stadt".
Kameras registrieren Tag und Nacht jeden Besucher, damit kein einziger Verbrecher das Gelände betreten kann. Es ist nicht der einzige Affront, den Japans rund 20 Yakuza-Verbrechersyndikate gerade erleben. In den letzten Wochen gelang der nationalen Polizei nach eigenen Worten ein "schwerer Schlag" gegen die Yamaguchi-gumi in Osaka, mit über 40.000 Mitgliedern Japans mächtigste Yakuza-Bande.
Fünf Monate vor der Entlassung von Bandenchef Kenichi Shinoda aus dem Gefängnis wurden die Nummer 2 und Nummer 3 des Syndikats verhaftet. Dem einäugigen Kiyoshi Takayama wird Erpressung vorgeworfen. Der 66-jährige Tadashi Irie wanderte wegen der Zahlung einer "Entschädigung" für die Angehörigen eines verurteilten Auftragsmörders in Untersuchungshaft. Die Polizei nutzte dafür ein neues Gesetz gegen blutige Bandenkriege. "Ohne Aussicht auf Belohnung wird es keine Killer mehr geben", erklärte ein Polizeisprecher in Osaka die Absicht hinter dem Arrest.
Einen solchen Druck von Gesellschaft und Staat sind die "gewalttätigen Organisationen", wie die Yakuza-Gruppen in Japan offiziell heißen, nicht gewohnt. Jahrzehntelang durften die rund 83.000 Verbrecher, die mit ihren Tätowierungen und ihren dunklen Limousinen Angst und Schrecken verbreiten, frei walten und schalten, solange sie keine Kapitalverbrechen begingen und bei ihren Revierkämpfen normale Bürger nicht belästigten.
Ihre Zentralen stehen im Telefonbuch, die Bosse sind namentlich bekannt. Die Yakuza pflegen enge Verbindungen zur Polizei, mit der sie angeblich auch Einnahmen teilen, sowie zu kaisertreuen, rechtsradikalen Gruppen.
Seit dem Platzen der Immobilienblase 1990 bauten die Gangsterbanden viele legale Firmen auf, um Schwarzgeld aus unsauberen Geschäften zu waschen. Sie operieren dabei so effizient, dass der langjährige Polizeireporter Jake Adelstein sie in Anlehnung an eine US-Investmentbank als "Goldman Sachs mit Waffen" beschreibt. In der Bauindustrie sind die Syndikate besonders präsent. Immobilienentwickler müssen Schutzgelder zahlen oder lukrative Aufträge an Yakuza-Firmen vergeben.
Doch nach zwanzig Jahren wirtschaftlicher Stagnation in Japan ist die gesellschaftliche Toleranz für diese Art illegaler Bereicherung verschwunden. Seit April nutzen viele Generalunternehmer in der Bauindustrie eine neue Klausel, die einen Vertrag für nichtig erklärt, wenn eine Subfirma Verbindungen zur Yakuza hat. Beim Bau des neuen Fernsehturms in Tokio bildeten der Baukonzern Obayashi, die Eisenbahngesellschaft Tobu, der das Grundstück gehört, sowie lokale Firmen ein Anti-Mafia-Komitee, damit sich keine Yakuzafirma ein Stück vom Auftragskuchen abschneiden konnte.
Über 100 ähnliche Komitees haben sich in ganz Japan zu Bündnissen gegen die Banden zusammengeschlossen. Großstädte wie Tokio planen Verordnungen, um Geschäfte mit Firmen, die der Mafia nahestehen, zu unterbinden. Das Finanzministerium hat die Banken angewiesen, Geldwäsche zu verhindern, Kredite an Mafia-Firmen zu stoppen und Einzelpersonen mit Yakuza-Verbindungen Konten zu verweigern.
Die Gangster reagieren auf ihre Weise: Viermal wurden in diesem Jahr bereits Schüsse auf Baustellen des Bauriesen Takenaka abgefeuert. Doch das dürfte die gesellschaftliche Isolierung der Yakuza eher verschärfen.
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