Macron trifft Merkel: Keine konkreten Zusagen aus Berlin
Beim Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten flüchtet sich die Kanzlerin in Worthülsen. Kein Wort fällt zu Macrons Plan eines Eurozonenhaushaltes.
Erst die dritte journalistische Nachfrage führte zum Knackpunkt der Gespräche: der Zukunft der Eurozone. Merkel merkelte: „Es geht um sachgerechte Lösungen.“ Dann brachte sie den deutschen Vorschlag vor, auf europäischer Ebene gemeinsame Treffen von Wirtschafts- und Finanzministern zu veranstalten. Kein Wort aber zu Macrons Vorschlag eines gemeinsamen Eurozonen-Haushalts und zu einem EU-Finanzminister. Macron sprach wiederholt davon, die Eurozone durch gemeinsame Investitionen zu stärken. Bei der geplanten Bankenunion kam er Merkel entgegen: „Die Schuldenhaftung funktioniert nicht, wenn keine Verantwortung übernommen wird.“ Das richtet sich vor allem gegen italienische Banken, die mit hohen Risiken behaftet sind. Deutschland möchte dafür nicht zahlen.
Emmanuel Macron ist nach seiner Wahl vor knapp einem Jahr mit Vorschlägen zur Reform der Eurozone nach vorne geprescht, die Deutschland nicht gefallen: gemeinsamer Haushalt der Eurozone, EU-Finanzminister. Deutschland profitiert davon, dass die Eurozone auf dem jetzigen halben Weg stecken bleibt (also eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik), Frankreich nicht. Seit der Bundestagswahl sitzen Merkel zudem die Konservativen der eigenen Fraktion und die AfD im Nacken, die glauben, Deutschland sei jetzt schon der Zahlmeister Europas. Auch bei der SPD werden die Pro-Macron-Töne leiser, seitdem Schulz und Gabriel abserviert sind und Olaf Scholz den Schäuble gibt.
Reaktionen auf das Treffen gab es kaum. Schon allein deswegen, weil die Ergebnisse des Macron-Merkel-Treffens nicht bekannt wurden. Die üblichen Verdächtigen wussten vorher schon alles: „Im Kern geht es Macron darum, die nächste zentralistische Umverteilungs-Orgie zu starten. Natürlich zugunsten von Frankreich, aber finanziert zu nicht unerheblichen Teilen mit deutschem Steuergeld und damit unser aller Arbeitskraft“ (Jörg Meuthen, AfD). „Von einem französischen Präsidenten, der in seinem Land mit einer arbeitnehmerfeindlichen Politik die Menschen auf die Barrikaden treibt, kann eine sinnvolle Reform nicht kommen“ (Sahra Wagenknecht, Linkspartei).
Im Juni tagt der Europäische Rat in Brüssel, der über Macrons Vorschläge beraten soll. Wenn sich Deutschland und Frankreich nicht bilateral über gemeinsame Vorschläge einigen, könnte Macron leer ausgehen. Übrig bleiben seine Arbeitsmarktreformen wie ein gelockerter Kündigungsschutz dann der französischen Innenpolitik.
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