Machtwechsel in Kuwait: Weder Jungspund noch Hitzkopf

Kuwaits neuer Emir ist vereidigt. Scheich Nawaf dürfte den auf Ausgleich bedachten Kurs seines verstorbenen Halbbruders weiterführen.

Der neue Emir von kuwait

Auch schon 83 Jahre alt: Scheich Nawaf, seit Mittwoch Emir von Kuwait Foto: Jaber Abdulkhaleg/ap

KAIRO taz | Es gab kaum jemanden in der arabischen Welt, auf den der Begriff elder statesman besser passte als auf den am Dienstag, den 29. September, mit 91 Jahren verstorbenen Emir von Kuwait. Scheich Sabah al-Ahmed al-Sabah hatte sein von Ölreichtum gesegnetes Golfemirat seit 2006 geführt. Zuvor war er ein halbes Jahrhundert lang Außenminister des Landes gewesen. Als er 1963 das Amt des obersten Diplomaten antrat, saß in Deutschland noch Konrad Adenauer im Kanzleramt. Ein Grund, warum Scheich Sabah auch als „Dekan arabischer Diplomatie“ bezeichnet wird.

Mit seinem jetzt als Emir vereidigten Nachfolger, seinem 83-jährigen Halbruder und bisherigen Kronprinz Scheich Nawaf al-Ahmed al-Sabah, sind keine großen Brüche zu erwarten. Zumindest was die regionale Politik angeht, ist das auch gut so. Denn Kuwait ist ein Land, das inmitten in der konfliktreichen Golfregion stets um Ausgleich bemüht ist. Gelernt haben die Kuwaiter dieses Handwerk vor genau 30 Jahren, als irakische Truppen ihr Land überfielen und damit den Golfkrieg von 1990/91 samt US-Militäreinsatz auslösten.

Nach der Befreiung Kuwaits verbesserte die Führung des Landes mit viel diplomatischem Geschick die Beziehungen zu den arabischen Ländern, die sich auf die Seite Saddam Husseins gestellt hatten – ein Gespür, das den Kuwaitern bis heute geblieben ist. Im gegenwärtigen Streit zwischen Saudi-Arabien und dem Golf­emirat Katar, der die Einheit des Golfkooperationsrates de facto beendet hat, traten die Kuwaiter von Anfang an als Vermittler auf. Auch in Richtung Iran haben sie sich nicht der feindlichen Rhetorik ihrer Nachbarn angeschlossen und ihre diplomatischen Kanäle nach Teheran offengehalten.

In die Kriege der Region wie den Jemenkrieg hat sich das Land ebenfalls nicht ziehen lassen. Insofern fungierte der Emir von Kuwait immer als Gegengewicht zu den Hitzköpfen in der Region, dem saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman und seinem Kronprinzen-Kollegen in den Emiraten, Muhammad bin Zayed, die nicht nur die Architekten des Jemenkriegs sind, der von der UNO als größte menschengemachte humanitäre Katastrophe bezeichnet wird. Auch in anderen Konflikten im arabischen Raum, etwa in Libyen, mischt Kuwait anders als etwa die Emirate nicht mit.

Ein Parlament mit Mitspracherecht

Innenpolitisch wird Kuwait zwar wie seine Golfnachbarn autokratisch regiert. Mit einem gewählten Parlament und einer vom Emir bestimmten Regierung ist das Land aber eine Art politischer Hybrid. Oft machen die Parlamentarier der Regierung mit parlamentarischen Anfragen das Leben schwer, fordern sie zur Rechenschaft auf und lösen damit lebhafte öffentliche Debatten aus. Wenn es aber hart auf hart kam, hatte Scheich Sabah nie ein Problem damit, sich seines in der Verfassung verbrieften Rechts zu bedienen und das Parlament aufzulösen. Dennoch: In keinem Golfstaat wird so kontrovers diskutiert wie in Kuwait.

Das ist auch einer der Gründe, warum es unwahrscheinlich ist, dass das Land in absehbarer Zeit auf den von US-Präsident Donald Trump in Bewegung gesetzten Zug springen wird und wie die Emirate und Bahrain diplomatische Beziehungen zu Israel aufnehmen wird. Kuwait mit seinen 4,8 Millionen Einwohnern, darunter 3,4 Millionen ausländische Arbeitsmigranten, hat eine der größten palästinensischen Gemeinschaften in der Region und sowohl der verstorbene Emir als auch Scheich Nawaf entstammen einer Generation, die jede Phase des israelisch-arabischen Konflikts seit 1948 erlebt hat und sich den Palästinensern eng verbunden fühlt. So dürfte man zunächst zumindest erst einmal abwarten, wie sich der große Nachbar Saudi-Arabien verhält.

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