piwik no script img

Machtübergabe in LibyenEndlich Demokratie

Mit einer feierlichen Zeremonie hat in Libyen das Parlament die Macht über das Land vom Übergangsrat übernommen. Zuvor wurde der Opfer des Aufstandes gegen Gaddafi gedacht.

„Ein freies und demokratisches Land“: Kinder verfolgen das Feuerwerk zum Jahrestag der Befreiung von Tripolis. Bild: reuters

TRIPOLIS/KAIRO dpa | Feierliche Machtübergabe in Libyen: Fast ein Jahr nach dem Sturz von Langzeitdiktator Muammar al-Gaddafi hat in Tripolis das neue, demokratisch gewählte Parlament die Macht übernommen. Die feierliche Zeremonie in der Nacht zum Donnerstag in einem Kongresszentrum der Hauptstadt galt als symbolische Zäsur auf dem Weg des nordafrikanischen Staates zu demokratischen Verhältnissen. In Tripolis galten in der Nacht stärkste Sicherheitsvorkehrungen.

Der Nationale Übergangsrat übergab nach einer Schweigeminute für die Opfer des blutigen Aufstands gegen Gaddafi die formelle Macht im Land an den im Vormonat gewählten Nationalkongress. Mustafa Abdel Dschalil, Vorsitzender des Übergangsrates, sprach von einem historischen Augenblick. „Wir schließen damit ein Kapitel der Diktatur und schlagen eine neue Seite im Aufbau des Staates Libyen auf“, sagte er. Anschließend übergab er dem ältesten Abgeordneten des neuen Parlaments, Mohammed Ali Salim, eine libysche Flagge. „Wir schwören, dass wir die Ziele erreichen werden, für die die Libyer ihr Leben geopfert haben“, sagte Salim.

In seiner Rede räumte Dschalil ein, dass es dem Übergangsrat „in einer schwierigen Zeit“ nicht gelungen sei, landesweit für Stabilität zu sorgen. Er bot dem Parlament die Hilfe seines Rats an, um gemeinsam mit den Abgeordneten den Staat Libyen aufzubauen.

Wegen des Fastenmonats Ramadan hatten die Feierlichkeiten, an denen sich auch ausländische Diplomaten und Delegierte arabischer Staaten beteiligten, erst am späten Mittwochabend begonnen. Nach der kurzen Zeremonie erleuchtete ein Feuerwerk den Himmel über Tripolis, während die Menschen in den Straßen feierten. „Libyen wird immer ein freies und demokratisches Land bleiben“, riefen sie.

Der Übergangsrat war noch während des Volksaufstandes gegründet worden, der im Februar 2011 begann und nach sechs Monaten die Gaddafi-Herrschaft beendete. Der neue 200-köpfige Kongress war am 7. Juli gewählt worden. 120 Mandate gingen an Einzelkandidaten ohne klare politische Zuordnung. 80 Sitze wurde unter den Parteien verteilt. Stärkste Fraktion wurde die reformorientierte Gruppierung des Technokraten und Regierungschefs der Aufstandszeit, Mahmud Dschibril.

Der Nationalkongress soll eine Regierung bestimmen, die Wahl einer verfassunggebenden Versammlung vorbereiten und ein Referendum über die künftige Verfassung abhalten. Auf deren Grundlage soll dann ein neues Parlament gewählt werden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • PK
    Pavel K. aus Prag

    Endlich Demokratie? Ist es ein Witz? Entsteht Demokratie nur mit den "freien" Wahlen und der ersten feierlichen Siztung eines Parlaments? Sicher nicht. Und schon gar nicht in einem muslimischen Land, wo Scharia das Hauptwort hat. Dazu in einem Staat, das in einem bestimmten Sinne ein Vasal von Frenkreich, Grossbritanien und USA ist.

  • AL
    Andreas Luedeke

    Der Wohlfahrtsstaat ist zerstört; die Erdölgewinne an westliche Kozerne verschachert; einzelne Bevölkerungsgruppen werden bis aufs Blut verfolgt (Links reiche ich gerne nach); die Gesellschaft ist in mehrere Machtzentren zerteilt, zu denen auch islamistische und mafiose Gruppen gehören; und die Sezession des Ostens bahnt sich auch schon an.

     

    Herzlichen Glückwunsch, Libyen! Du hast den Krieg ja echt gewonnen. Und Dir als Zusatzpreis jetzt auch noch unsere schöne westliche Postdemokratie zugezogen. Endlich "Demokratie"!