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Machtkampf in SamoaZwei Premiers

Der alte Premier wollte die erste Regierungschefin stoppen – ausgerechnet mit Hilfe einer Frauenquote. Jetzt schliddert das Land in die Krise.

Rivalisierende Premiers: Tuilaepa Sailele Malielegoai (l.) und die 64-jährige Fiame Naomi Mata’afa Foto: Kevin Hagen,FAST Party/ap

Berlin taz | Der kleine polynesische Inselstaat Samoa hat seit Pfingstmontag zwei rivalisierende Premiers. Da ist der 76-jährige Tuilaepa Sailele Malielegoai, der die frühere deutsche Kolonie (1900 bis 1914) mit heute 200.000 Einwohnern seit 1998 regiert. Er ist damit der am zweitlängsten amtierende Ministerpräsident der Welt.

Seit Montag nennt sich auch die 64-jährige Fiame Naomi Mata’afa Premierministerin. Die Tochter des ersten Premiers des Inselreichs war bis 2020 Tuilaepas Stellvertreterin. Sie will jetzt als erste Frau die Regierung des Landes führen, das zwischen Fidschi und Hawaii direkt westlich der Datumsgrenze liegt und erst 1990 das volle Frauenwahlrecht bekam.

Ironischerweise versuchte Tuilaepa Fiames Amtsübernahme ausgerechnet mit Verweis auf die zehnprozentige Frauenquote im Parlament zu verhindern. Denn bei der Wahl am 9. April hatten Tuilaepas HRPP (Partei zum Schutz der Menschenrechte) und Fiames neue Partei FAST (Glaube an den einen Gott Samaos) jeweils 25 Sitze im 51-köpfigen Parlament in der Hauptstadt Apia errungen. Ein weiterer Sitz ging an einen Unabhängigen, der Fiame stützt.

Daraufhin entschied der Tuilaepa nahestehende Parlamentspräsident, dass es wegen knapper Nichterfüllung der Frauenquote – nur fünf von 51 Sitzen gingen an Frauen – einer weiteren Abgeordneten bedarf. Darauf gab Tuilaepa einer Politikerin seiner Partei ein 52. Mandat.

Gericht bremst bisherigen Premierminister

So konnte er selbst kommissarisch im Amt bleiben und Neuwahlen vorschlagen. Doch vergangene Woche erklärte das Oberste Gericht sowohl die weitere Abgeordnete als auch Neuwahlen für gesetzeskonform.

Deshalb wollte sich Fiame am Montag, dem verfassungsgemäß letzten vorgeschriebenen Tag, als Premierministerin vereidigen lassen. Doch als sie am Morgen das Parlamentsgebäude betreten wollte, war es auf Veranlassung des Parlamentspräsidenten verschlossen. Wächter ließen niemanden hinein.

Fiame ließ sich darauf am Abend in einem Zelt vor dem Parlament den Eid abnehmen. Sie und ihr Rivale werfen sich jetzt jeweils gegenseitig vor, illegal im Amt zu sein. Tuileapa sprach gar von „Landesverrat“.

Samoa hat keine Armee und galt bisher als Hort politischer Stabilität in einer eher instabilen Region, in der es Putsche wie in Fidschi gibt und manche Regierung nicht einmal ihre erste Amtszeit überlebt. Samoa hat seit der deutschen Kolonialzeit enge Beziehungen zu Neuseeland, das bis zur Unabhängigkeit 1962 als Schutzmacht galt und wo heute viele Samoaner arbeiten.

Neuseeland stützt indirekt die Herausforderin

Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern sagte: „In Neuseeland vertrauen wir voll Samoas Institutionen einschließlich seiner Justiz.“ Sie forderte dazu auf, Gerichtsentscheidungen und Wahlergebnisse zu akzeptieren.

Östlich der Datumsgrenze von Samoa liegt Amerikanisch-Samoa, ein Überseeterritorium Washingtons. Dort wird mit Argwohn beobachtet, dass China in Samoa ein 100-Millionen-Dollar-Hafenprojekt plant.

Zwar ist der Machtkampf zwischen Tuilaepa und Fiame vor allem innenpolitischer und persönlicher Natur. Doch unterscheidet sich auch ihr Umgang mit China. Tuilaepa steht voll hinter Pekings Hafenplänen, während Fiame vor einer zu großen Verschuldung gegenüber China warnt.

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