Machtkampf in Russland: Luschkow aus dem Amt gejagt
Der Kreml sucht die offene Konfrontation mit Juri Luschkow, nachdem er wochenlang eine Schmutzkampagne gegen den Moskauer OB und dessen Frau geführt hatte.
MOSKAU taz | Als Juri Luschkow gestern wie üblich kurz vor acht Uhr im Rathaus eintraf, lag der Ukas aus dem Kreml schon auf dem Tisch. Mit sofortiger Wirkung enthob Präsident Dmitri Medwedjew den Moskauer Bürgermeister seines Amtes. Entlassungsgrund: "Vertrauensverlust seitens des Präsidenten der Russischen Föderation".
Der Konflikt schwelt schon seit Wochen. Der Kreml forderte Luschkow mehrfach auf, freiwillig das Amt zu räumen. Letzte Woche zog sich dieser in sein Chalet in Kitzbühel zum Nachdenken zurück. Danach soll er in Moskau den Vorschlag des Kreml, den Vorsitz im Föderationsrat, der Länderkammer der Duma, oder die Leitung des Olympia-Unternehmens Olimpstroi als Entschädigung für das Moskauer Amt zu übernehmen, abgelehnt haben. Um sein Gesicht zu wahren, blieb Medwedjew nichts anderes übrig, als den Widerspenstigen zu feuern.
Seit August hatte der Kreml eine beispiellose Schmutzkampagne gegen Luschkows Klan geführt. Die gelenkten TV-Sender brachten Sendungen, in denen der Bürgermeister und seine Unternehmerfrau Jelena Baturina der Korruption und des Amtsmissbrauchs bezichtigt wurden. Die Informationen waren für Moskauer nicht neu. Sie wissen, dass Luschkows Klan die Stadt wie ein Fürstentum regiert. Luschkow suchte darauf Unterstützung bei der Staatspartei Vereinigtes Russland, vor allem aber bei Premier Wladimir Putin, den er offen als einzig geeigneten Präsidentschaftskandidaten 2012 in der hauseigenen Presse hofierte. Putin hielt sich aber bedeckt und half Luschkow nicht.
Unklar ist, warum Moskaus Machtapparat zur offenen Konfrontation überging. Der Korruptionsvorwurf träfen auch auf viele andere Regionalchefs zu. Überdies wäre Luschkows Amtszeit ohnehin im Juni 2011 abgelaufen. Beobachter vermuten, dass es sich bei der Kampagne um einen Fehlstart gehandelt haben könnte, der auf Unstimmigkeiten zwischen den Teams Medwedjews und Putins hindeute. Beide Seiten würden das Moskauer Erbe gern antreten, können sich aber nicht einigen.
Spekuliert wird auch, dass Medwedjew durch die frühzeitige Ernennung eines hörigen Kandidaten seinen Verbleib 2012 im Amt sichern möchte.
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