Machtkampf bei Berliner Grünen: Ratzmann tritt zurück
Der Fraktionschef der Grünen im Berliner Abgeordentenhaus, Volker Ratzmann, hat sein Amt überraschend niedergelegt. Die Parteilinke sah sich von ihm nicht vertreten.
BERLIN taz | Der nach der Landtagswahl wieder entflammte Flügelstreit bei den Berliner Grünen hat ein prominentes Opfer gefunden. Der seit 2003 amtierende Fraktionschef Volker Ratzmann ist am Dienstagnachmittag zurückgetreten. Das erfuhr die taz aus Fraktionskreisen.
Ratzmann war zwar wie seine Co-Vorsitzende Ramona Pop vor drei Wochen wieder gewählt worden. Die Parteilinke in der Fraktion aber akzeptierte dieses Ergebnis nicht, sah sich von beiden nicht vertreten und forderte einen Platz in der Doppelspitze. Vor einer Woche erst hatte die Fraktion zwei Schlichter benannt, die bis Monatsende eine Lösung herbei führen sollten. Die Parteilinke hält Ratzmann und Pop unter anderem zu große Nähe zur CDU vor.
Zwist gab es auch bei der Integrationspolitik und in der Frage, wie mit Zwangsräumungen von besetzten Häuseren umzugehen ist. Wer Ratzmann folgen soll, ist noch offen. Ratzmann-Unterstützer hatten in den vergangenen Wochen deutlich gemacht, dass sie sich auch von einer Schlichtung nicht drängen lassen, jemand anderen zu wählen.
Ratzmann sollte Innensenator werden
Ratzmann galt bis Ende September noch als möglicher Innensenator einer rot-grünen Landesregierung. Er wäre der erste Grüne in einem solchen Amt bundesweit gewesen. Anfang Oktober aber platzten Koalitionsgespräche mit der SPD. Die Sozialdemokraten wollten in der Nacht zu Mittwoch ein Bündnis mit der CDU unterschriftsreif machen. Die Grünen hatten bei der Abgeordnetenhauswahl zwar mit 17,6 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis, waren aber weit hinter Umfrageergebnissen zurück geblieben, die sie im Mai noch bei 30 Prozent sahen erzielt.
Spitzenkandidatin Renate Künast, die den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit ablösen wollte, hatte sich nach der Wahl wieder auf ihre Tätigkeit als Fraktionschefin im Bundestag konzentriert und war im Amt bestätigt worden. Auf Landesebene aber wurden wieder die parteiinternen Verwerfungen sichtbar, die wegen der durch Umfragen begflügelten Hoffnungen auf eine Regierungsübernahme in den Hintergrund getreten waren.
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