■ Nebensachen aus Kairo: Mac Fastenbrech
„Wieviel Stunden bis zum Iftar?“ Das ist wohl dieser Tage im Monat Ramadan die meistgestellte heimliche Frage in den Köpfen der fastenden Menschen in Kairo. Mit wachsendem Nachdruck drängt sich das Problem auf, begleitet von einem Grummeln im Magen zum späten Nachmittag hin. Iftar, das ist das allerlösende allabendliche Brechen des Fastens, wenn sich nach der Dämmerung ein weißer nicht mehr von einem grauen Faden unterscheiden läßt.
Mitunter nehmen derartige Iftars recht eigenartige Formen an, zumal manch einer hofft, die eine oder andere Mark mit dem religiösen Brauchtum zu machen. Kairos neuste Erfindung ist der „Mac Iftar“ – zu deutsch „Mac Fastenbrech“. Leicht läßt sich erraten, welche weltweit bekannte US-amerikanische Fast-food- Kette sich hinter dieser Idee verbirgt. Seit vier Monaten versucht die Firma mit dem gelben M auf rotem Grund nun auch in Kairo ihren Siegeszug über die traditionellen ägyptischen Mägen anzutreten. Und da man eben kulturell etwas eigen ist in den islamischen Ländern, kam die Idee mit dem Mac Fastenbrech auf.
Nicht, daß die Filiale sich zu sehr von ihren Partnern in Berlin, New York oder Moskau unterscheidet. James Dean wandert eingerahmt über den Broadway und blickt verzückt in Richtung der sich reckenden Madonna auf dem Nachbarbild. Da mag die richtige Ramadan-Atmosphäre nicht so recht aufkommen. Schon seit dem Morgen stopfen sich Gruppen US-amerikanischer Familien, baseballmäßig kopfbedeckt, respektlos unermüdlich die Hamburger in die Rachen. Garniert wird das Ganze von eintönig klingender Supermarktmusik, in der landesüblichen ohrenbetäubenden Lautstärke abgespielt.
Dennoch harren ein paar Hartgesottene dem Zeichen fürs Iftar. Die Idee für Mac Iftar erweist sich als relativ einfach. Ein „Amr Eddin“ – ein Aprikosensaft –, das traditionelle Iftargetränk im typischen Cola-Plastikbecher mit dem bekannt ökologischen Plastikdeckel, dazu eine Nudelsuppe, von einer ebenfalls weltbekannten Suppenwürfelfirma, und dann: das übliche.
„Sie können auswählen“, hilft uns die betont kundenfreundliche Frau an der Kasse und deutet auf die Tafel hinter sich. Auf arabisch haben wir die Wahl: „Biig Maak Kumbu“ – der große Doppeldecker mit einer Cola und Pommes in Kombination. Gleiches als paniertes Federvieh, auch „Maak Tschiiken Kumbu“ genannt, und, für die Zahnlosen, den „Maak Naagit Kumbu“. „Nein“, sagt die freundliche Frau an der Kasse, es sei nicht so einfach, den ganzen Tag zu fasten und den Ausländern bei der Nahrungsaufnahme zuzusehen. Zum Iftar kämen nur wenige. Die meisten Ägypter brechen ihr Fasten lieber zu Hause oder bei Bekannten. Sie selber machen sich nichts aus den ganzen Mac- Kombinationen, gibt sie freimütig zu. Orientalisches Essen sei eben doch besser.
„Eigentlich“, erzählt der restlose Jungmanager, wollten sie noch viel mehr Orientalisches zum Ramadan anbieten. Fuul – braune Bohnen –, das ägyptische Nationalgericht, und Felafel – ausgebackene Kirchererbsenpaste – standen auf der Vorschlagsliste. Das fanden die US-amerikanischen Food-Manager wiederherum gar nicht zum Lachen und wiesen die erfindungsreichen Ägypter in ihre weltweit standardisierten Fast-food- Grenzen. Übrig blieb der besagte Mac Iftar.
Auch das Iftar für die fastenden Mitarbeiter will organisiert sein. Diesmal hat der inzwischen müde wirkende Jungmanager bei der Konkurrenz eingekauft. Zum Iftar, gibt er offen preis, gibt es heute für die Kollegen Hähnchenteile von Kenntucky Fried Chicken. Karim El-Gawhary
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