piwik no script img

Maaßen, Gras und MaßWas wohl in den Chats steht?

Ein irrlichternder Ex-Verfassungsschützer, Maggie-Würfel mit Patchuliöl und andere gesundheitsgefährdende Substanzen.

Im Austausch mit Mittelsmännern und Patzer-Prinz Merz: Ex-Verfassungsschützer Hans-Georg Maßen Foto: Imago

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Urlaubsende.

Und was wird besser in dieser?

Restbräune.

Auf dem Weg nach Australien hatte der Regierungsflieger von Außenministerin Annalena Baerbock eine Panne. Sollte man in Zukunft alles via Zoom besprechen, wenn man sonst hinfliegen müsste?

Baerbocks Fehleinschätzung, als Außenministerin „mehr Linie zu fliegen“, hat das Zeug, als einer ihrer kleinsten Irrtümer in die Geschichte einzugehen. Beziehungsweise eben nicht.

Der Verfassungsschutz lässt prüfen, ob Ex-Chef, CDUler und Verschwörungsideologe Hans-Georg Maaßen Kontakte zu Reichsbürgern pflegt. Würde Sie das überraschen?

Maaßen kennt jemanden, der jemanden kennt. Das kann vorkommen. Der Mittelsmann jedoch zwischen dem Ex-Verfassungshüter und Cordhosenterrorist Prinz Reuss ist selbst schon eine entzückend irrlichternde Figur: Markus Krall war Goldhändler, Untergangsprediger und arbeitete für McKinsey, Berger, BostonCon. Er möchte die Parteiendemokratie abschaffen, weil erstklassige Leute nur in der Wirtschaft arbeiten. Scheint eher so der ehrliche Typ zu sein. Jedenfalls, und hier endet der Welpenschutz für HGM, wünscht man einander in Chats: „Wir müssen weiterkämpfen“. Maaßen muss seinem Umfeld immer wieder erklären, warum er noch in der Lappentruppe CDU ist und was in seinen Chats mit Patzer-Prinz Merz steht. Auch nicht leicht.

Das Bundeskabinett hat eine teilweise Legalisierung von Cannabis beschlossen. Jedoch sind die Regeln recht streng und unübersichtlich. Welcher Kiffer soll da durchsteigen?

Geübte User kennen das: Wenn man am nächsten Morgen ernüchtert entziffert, was man im bedröhnten Schädel am Vorabend so hingekritzelt hat. Erschütternd. Als die Ampel eine Freigabe versprach, wusste sie – oder hätte wissen müssen – dass Handel und Anbau von Cannabis gegen EU-Recht verstoßen. Deshalb liefert sie nun sehr viel weniger als das und verkauft es als europäisches Pilotprojekt. Besser bin ich nicht reingelegt worden, seit ich für 50 Mark einen Maggie-Würfel mit Pa­tchuli­öl gekauft habe in Amsterdam. 1978. Blöd nur: Damals hätte ich die Freigabe gut gefunden; ein halbes Dutzend Psychosen im Bekanntenkreis später finde ich Vorsicht richtig.

Sachsen-Anhalts Bildungsministerin Eva Feußner hat das Gendern mit Sonderzeichen in Schulen verboten. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft aber will, dass Schulen selbst übers Gendern entscheiden. Zettelt Feußner einen Kulturkampf an?

Gender-Pay-Gap, Wohnungsnot, Unterrepräsentanz, dann unterwegs auch ein paar Punkte, das Leben von Männern zu verbessern, dann der komplette Bildungsnotstand in zum Beispiel Sachsen-Anhalt, und auf Platz 127 der To-do-Liste das Riesenproblem Gendersprache. Wenn Feußner mit den 126 Themen durch ist, freuen wir uns auf ihre Vorschläge. Diese Sprachdebatte wird sicherlich auch von einigen geführt, denen die ganze gleichmacherische Richtung nicht passt. Und auf der anderen Seite von einigen, die sich lieber in Gerechtsprech verbeißen, als das große Ganze zu verbessern. Ein düsteres Bündnis zwischen Fundis, die sich aneinander profilieren. Es drückt wichtigere Themen an den Rand. Schmeißt eure Vorschläg_*Innen in den reißenden Fluss der Sprache und schaut in 100 Jahren nach den rundgeschliffenen Flusskieseln.

Und noch ein Schlag: Der langjährige Fraktionschef Dietmar Bartsch zieht sich zurück. Wie viel Linkspartei ist eigentlich noch übrig?

Jetzt muss man schon hoffen, dass eine Wagenknecht-Partei der AfD so viel Stimmen abjagt, dass zwischen beiden die Linke wieder als glaubwürdige Alternative erstrahlt. Dialektik, du kannst mich bald mal. Das immerhin haben sie geschafft.

Der Süßstoff Aspartam soll laut WHO-Studie „möglicherweise krebserregend“ sein – aber erst bei sehr hoher Dosierung. Zucker und Salz hingegen sind im Vergleich viel ungesünder. Was kann man überhaupt noch essen?

Bevor ich Krebs davon bekomme, bin ich schon dreimal an Durchfall gestorben. Hoch lebe meine Darmflora. So oft Zucker oder Süßstoff an den Buzzer dengeln, lösen sie Appetit aus, mästen also über’s gesunde Maß hinaus. Dahinter wird’s dann richtig lustig. Wir sind mit dem Belohnungszentrum des Neandertalers ausgestattet, der Zucker und Salz nur in Spuren fand. Wobei ich es eine reizvolle soziale und architektonische Aufgabe fände, in unseren Innenstädten Belohnungszentren zu bauen. Anderes Thema.

Und was machen die Borussen?

Das Banner „Gemeinsam gegen Homophobie“ wurde vor dem Spiel auf der Nordtribüne aufgehängt, von Unbekannten eingepackt, wieder aufgehängt und dann von BVB-Ordnern abgeräumt. Die Linie scheint klar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Beim Thema Gendern bin ich anderer Meinung: Wenn eine Kleinigkeit wie die Verwendung von geschlechtersensiblen Sprache in der Schule schon bekämpft wird, wie sehr wird dann erst der Abwehrkampf der Konservativen bei großen Veränderungen aussehen? Ach ja, das sehen wir gerade.

  • . Erst wurde das Transparent von anderen Fans eingerollt, dann wieder aufgehängt und schließlich vom Ordnungsdienst entfernt. Weil an der Begrenzung zwischen den beiden Tribünenteilen LED-Werbebanden zum Einsatz kommen, sind dort Fahnen, Plakate oder Banner grundsätzlich nicht erlaubt.



    www.queer.de/bild-...es.php?einzel=4274

  • Für Baerbock würde festgestellt,



    Dass sie Zusage nicht einhält.



    Bei Maaßen wurde adressiert,



    Mit wem er Patzer produziert.



    Bei Cannabis kommt er zum Schluss,



    Dass das Gesetz wohl Murks sein muss.



    So große Not, was zu verändern,



    Sieht Küppersbusch nicht mal beim Gendern.



    Er hält wohl für ein faules Ei



    Die Idee neue Links-Partei.



    Ich frag mich, wieso Frage kam



    Nach Süßstoffen wie Aspartam:



    Sofern Borussen hatten Schiss,



    Wegen des Banners doch gewiss.



    //



    Macht Küppersbusch Kolumne nicht



    Bekommt Herrmann hier ihr Gewicht.

    • @Martin Rees:

      „ Das Prosagedicht ist das „Enfant terrible“ unter den literarischen Gattungen. Als Grenzüberschreiter widersteht es bis heute jeder akademischen Definition. Begründet Mitte des 19. Jahrhunderts von Charles Baudelaire ist es ein Ort für Experimente.“

      Empfehle die Sendung „Prosagedicht,



      Grenzüberschreiter der Literatur“



      von Kußmann, Matthias



      nachzuhören in der DLF Audiothek

      www.deutschlandfun...-71f58d6f-100.html