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Luftmessdaten statt StraßenfotosGoogle schnüffelt jetzt

Ein Street-View-Auto misst jetzt Luftschadstoffe in der Hamburger Innenstadt. Das könnte nützlich sein, denn die Luft in der Stadt ist zu schlecht.

Keine Gasmaske aus dem Ersten Weltkrieg, sondern Google Street View mit Luftmessdose Foto: Markus Scholz/dpa

Das Ding sieht aus wie eine Gasmaske am Stiel. Es ist auf dem Dach eines weißen Elektro-Autos montiert und stellt eine Erweiterung von Googles Street-View-Projekt dar: Statt die Straßen nur zu filmen, sodass sie sich jeder später im Internet ansehen kann, misst das Gerät jetzt auch Luftschadstoffe. „Die Ergebnisse sollen helfen, Entscheidungen für die Stadt zu treffen“, sagte die Leiterin des Hamburger Google-Standorts, Marianne Stroehmann. Als Beispiel nannte sie die Suche nach Standorten für neue Schulen oder Spielplätze.

Aufgrund gesetzlicher Vorgaben misst der Senat heute schon elf verschiedene Schadstoffe an zwölf festen Messstationen. Die hier ermittelten Werte sind maßgeblich für den Luftreinhalteplan des Senats, der vom Bundesverwaltungsgericht im Mai für ungenügend befunden wurde: Er gewährleiste nicht, dass der geltende Grenzwert für Stickstoffdioxid eingehalten wird. Geklagt hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Statt an zwölf Punkten im Stadtgebiet misst das Projekt Air View Hamburg die Luftbelastung in ganzen Straßenzügen der Innenstadt. Die Daten werden im City Science Lab der Hafencity-Universität (HCU) mit anderen Daten zur Stadtentwicklung zusammengeführt und im Urban Data Hub der Stadtentwicklungsbehörde veröffentlicht. Damit könne die HCU „an neuen Mobilitätskonzepten oder gesunden Quartieren forschen“, sagt die HCU-Professorin Gesa Ziemer. Die Hochschule ist Googles Kooperationspartner bei dem Hamburger Projekt.

Hamburg ist die erste deutsche Stadt, in der Google die Luftqualität misst. Begonnen hat das Projekt in London und Kopenhagen. Die Ergebnisse werden auch in Googles Environmental Insights Explorer eingespeist, in dem man nachschauen kann, wie viele Dächer in der eigenen Stadt von Solarpaneelen bedeckt sind oder wie grün sie ist.

Das Projekt soll in Hamburg zunächst ein Jahr laufen. Danach wird auf einem Stadtplan abrufbar sein, in welchen Straßenzügen die Belastung mit Stickstoffdioxid, Stickoxid, Kohlenmonoxid, Feinstaub (PM 2,5) und Ozon wie hoch ist.

Der Senat rechnet die Luftbelastung schön

Wie stark die Menschheit unter verschmutzter Luft leidet, hat vergangene Woche die Weltgesundheitsorganisation WHO deutlich gemacht. Seit ihrem letzten Bericht zur Luftverschmutzung 2005 habe es „einen deutlichen Anstieg in der Qualität und Quantität der Hinweise darauf gegeben, wie Luftverschmutzung die Gesundheit beeinträchtigt“.

Aus diesem Grund verschärfte die WHO ihre Empfehlungen für die Grenzwerte von Schadstoffen wie Feinstaub, Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid und Ozon. Die Europäische Umweltagentur rechnet mit 63.000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland durch Feinstaub (PM 2,5) und 9.000 durch Stickstoffdioxid.

Aus Sicht des BUND sind solche Zahlen und Empfehlungen eine Ohrfeige für den Senat, der versuche, die Luftbelastung in Hamburg schönzurechnen, schönzumessen und schönzureden. „Wenn die WHO im Sinne des Gesundheitsschutzes fordert, dass der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffdioxid in der Luft auf zehn Mikrogramm abgesenkt werden muss, wirkt es absurd, wenn die Umweltbehörde um zwei bis drei Mikrogramm feilscht“, kritisiert Christiane Blömeke, Vorsitzende des BUND Hamburg.

Ob und wie die Umweltbehörde vor diesem Hintergrund von den Air-View-Daten Gebrauch machen will, ist offen. „Wir sind sehr gespannt, ob sich die Sensorboxen von Project Air View Hamburg bewähren und mittel- oder langfristig zu einer zusätzlichen Informationsquelle in Sachen Luftqualität werden“, sagt Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Bisher gebe es aber zu den Daten aus dem Luftmessnetz, die gemäß dem Bundesimmissionsschutzgesetz gemessen würden, keine Alternative. Sie seien auch die Basis für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans an der intensiv gearbeitet werde, sagt seine Sprecherin.

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2 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Das ist doch ein wichtiges Argument, wenn man Luftreinheit mit dem Mietpreis verbinden kann.



    Diese Idee hatten wir bereits in den 80er Jahren. Ob es die FDP war, die diesen Vorschlag machte, kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen.



    Die Perversion kennt keine Grenzen.

  • Da darf man sicher gespannt sein, wann Umweltdaten (wieder) der Geheimhaltung unterliegen.

    Ein großer Teil der Bevölkerung wird sich sicher erinnern, dass das bis 1989 schonmal der Fall war.