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Lokalkoloratur

Es ist ein uralt-archaisches Phänomen, und es kann in vielerlei Gewand daherkommen: Einst im griechischen Pantheon beheimatet, kann es in der Moderne als Rache des geschassten Mitarbeiters an seinem Ex-Chef, als Senf unter der Türklinke eines Lehrers sich äußern, der so böses Unrecht getan. Erfindungsreich sind die Opfer, wenn es darum geht, brutusgleich den Dolch ins Gewand des Feindes zu stoßen. Und letztlich, da sind sich die Psychologen einig, wurzelt solch Gebaren im verletzten Kindheits-Ich, in Narben, die sich tief in die zarte Seele gruben. Auch die Verweigerung elterlicher Aufmerksamkeit kann zu derlei Kurzschluss führen. Und manchmal muss – den Missachtungs-Extremfall vorausgesetzt – die Öffentlichkeit als Ersatz fürs Eltern-Ich herhalten: dann nämlich, wenn sich Einzelne ignoriert fühlen. Da bleibt nur ein Verzweiflungsschrei: Die Verletzung durch Maßnahmen kundzutun, die auf Umwegen die verlorene Aufmerksamkeit wieder zu fesseln suchen. ps

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