Lokale Umweltpolitik: Kreuzberg will das Klima retten

Um 45 Prozent wollen die Grünen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg den CO2-Ausstoß reduzieren. Bloßer Wahlkampf sei das "Klimaschutzprogramm 2020" nicht.

Autofreie Kieze, Fahrradstraßen, kostenlose Räder für Kinder, die den Fahrradführerschein bestehen, ein Klimafilmfestival, eine Klimakonferenz, Gebäudesanierung - das sind einige der Ideen aus dem "Klimaschutzprogramm 2020", das die BVV-Fraktion der Grünen aus Friedrichshain-Kreuzberg am Donnerstag vorstellte. Damit will die Fraktion den CO2-Ausstoß im Bezirk bis 2020 um 45 Prozent reduzieren. Dieses Ziel sei "ambitioniert, aber realistisch", so Sprecherin Antje Kapek.

Und dringend, ergänzt der grüne Bezirksbürgermeister Franz Schulz: Es bestehe "irrsinniger Handlungsbedarf". Die 260.000 Einwohner des Bezirks gäben jährlich 715 Millionen Euro für Heizung und Strom aus - und erzeugten so 1,3 Milliarden Tonnen klimaschädliches CO2. Der Energieverbrauch der bezirklichen Gebäude, zu 80 Prozent Schulen, könne von derzeit 160 Kilowattstunden jährlich pro Quadratmeter auf 40 Kilowattstunden reduziert werden.

Wenn sich die Ziele denn umsetzen lassen: 150 Millionen Euro bräuchte der Bezirk allein für die dafür nötigen energetischen Sanierungsmaßnahmen, so Schulz. Und auf die private Gebäudewirtschaft haben die Bezirkspolitiker ebenso wenig Einfluss wie auf den Verkehr der großen Hauptstraßen im Bezirk - für die ist der Senat zuständig.

Es werde die Landesregierung "wurmen", wenn das grün regierte Friedrichshain-Kreuzberg als erster Bezirk ein so umfassendes Klimaschutzprogramm vorlege, "wie sie selbst es bislang nicht hinbekommen hat", hofft Antje Kapek. Allein mit Blick auf die Abgeordnetenhauswahl 2011 habe man das Programm aber nicht vorgelegt: "Uns geht es um langfristige Ziele, nicht bloß um ein Jahr Aktionismus", so Kapek.

Ulf Sieberg, Klimareferent des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) Berlin, findet das etwa siebzigseitige Programm als Sammlung von Möglichkeiten "tendenziell erst mal gut". Doch es sei eben noch kein Handlungskonzept aus Instrumenten und Maßnahmen, das in Zielen, Folgen und Strategie abgesichert und durchdacht sei: mehr ein "Ideenpool" als ein "konkreter Fahrplan", so Sieberg. Es ersetze auch nicht das längst überfällige Klimaschutzgesetz auf Landesebene: Doch "wenn sich darüber hinaus jeder Bezirk selbst ein Konzept erstellen möchte, ist das nicht verkehrt", so der Klimaexperte: Auch die Bezirke hätten beim Klimaschutz Handlungsspielräume, etwa bei der Grünflächenplanung.

Turgut Altug, Leiter des Türkisch-Deutschen Umweltzentrums in Kreuzberg, findet das Programm der Grünen dagegen "sehr gut": Dass neben den großen Umweltverbänden auch Migrantenorganisationen wie sein Zentrum in die Entwicklung des Programms und in den geplanten bezirklichen Klimarat einbezogen würden, zeige, dass "die Idee einer breiten Bürgerbeteiligung ernst gemeint ist".

Nach der Sommerpause wollen die Grünen ihre Projektideen als Anträge in die BVV einbringen - auch die der Gründung eines Klimarates aus Verbänden, Wirtschaft, Politik und EinwohnerInnen im Bezirk.

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