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Lohndumping bei christlichen LeiharbeiternUnternehmen sollen büßen

Nach dem Urteil gegen die christliche Scheingewerkschaft CGZP fürchten Arbeitgeber deftige Nachzahlungen. Leiharbeiter und Sozialkassen können dagegen hoffen.

Auch hier ärgert man sich: Hauptstadtbüro des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gegen die christliche Leiharbeitsgewerkschaft CGZP sorgt bei den Unternehmen für Unruhe. "Das ist kein guter Tag für die Zeitarbeit und die gesamte deutsche Wirtschaft", kommentierte Peter Mumme, Präsident des Arbeitgeberverbandes Mittelständische Personaldienstleister (AMP) den Ausgang des Verfahrens.

Tausende von Unternehmen seien unter Umständen in ihrem Bestand bedroht, so Mumme. Leiharbeiter mit CGZP-Verträgen und die Sozialkassen können hingegen auf erkleckliche Nachzahlungen von Löhnen und Sozialversicherungsbeiträgen hoffen.

Das BAG hatte am Dienstag in letzter Instanz entschieden, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist. Die Gewerkschaft hatte seit 2003 mit Arbeitgebern drei Flächentarif- und über 200 Haustarifverträge für rund 200.000 Leiharbeiter abgeschlossen und zum Teil Billigstundenlöhne von unter 5 Euro festgeschrieben.

Das BAG traf am Dienstag zwar keine Aussagen zur Rechtmäßigkeit der alten Tarifverträge, weil es die CGZP nur mit Blick auf ihre gegenwärtige Struktur beurteilte. Doch für Peter Schüren, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Münster, "ist die Sache relativ klar". Schüren erwartet, dass das Arbeitsgericht Berlin, an dem Prozesse in Sachen CGZP ruhen, weil das Gericht auf die BAG-Entscheidung gewartet hatte, die Verfahren jetzt alle im Sinne der Beschäftigten entscheidet.

Das würde bedeuten: Die alten Tarifverträge würden für ungültig erklärt und die Verleihbetriebe müssten den Leiharbeitern die Differenz zwischen altem Lohn und dem Lohn der Stammbelegschaft nachbezahlen. Bei den Sozialkassen liegen die Dinge etwas anders. Hier könnten nicht nur auf die Verleiher, sondern auch die Entleihbetriebe stattliche Nachzahlungsforderungen zukommen.

Hans-Jürgen Urban, Vorstandsmitglied der IG Metall, forderte die Sozialversicherungsträger auf, "sich die Finanzmittel zu sichern, die ihnen durch Lohndumping verloren gegangen sind". Experten schätzen, dass den Kassen 2 bis 3 Milliarden Euro Sozialversicherungsbeiträge zufließen könnten.

Bei der Deutschen Rentenversicherung prüfe man derzeit, welche Konsequenzen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts habe, teilte deren Sprecher mit. Die schriftliche Urteilsbegründung des BAG wird für Ende Februar erwartet.

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10 Kommentare

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  • JK
    Juergen K

    Die schöne Welt des Scheins:

     

    Scheinselbständigkeit,

     

    Scheingewerkschaft,

     

    Scheinarbeit,

     

    Scheinheilige.

  • L
    Lucanus

    Endlich mal eine gute Nachricht - die sind leider so rar dieser Tage.

     

    @Franz

    Überschrift iat voll in Ordnung so - klar müssen sie büßen (wird auch nach neuer Rechtschreibung nicht mit ss geschrieben) - für ihre Taten nämlich. Und Du hast recht, wäre schön, wenn man Betrug auch Betrug nennen würde und er entsprechend bestraft würde - aber auch die "reuigen" Steuersünder müssen ja nur nachzahlen.

  • F
    Felix

    So allmählich dämmert's, dass das "C" offenbar genau für das steht, was leute damit ständig veranstalten. Es tut mir wirklich leid, aber ich glaube das Märchen vom "echten Christen" nicht mehr, und einen Vertrauens- und Respektsvorschuss für christliche Etiketten gibt's schon gar nicht.

  • F
    Franz

    die überschrift verstehe ich nicht, die könnte gleich von den Springers kommen.

     

    Wieso "büssen" die Unternehmen, wenn sie durch die Scheingewerkschaft (welche sie sich aus Eigennutz selber ins Haus geholt haben, Arbeitnehmern wurde was vorgegaukelt, hätten sie die Hintergründe gekannt, die CGZP hätte keine Stimmen bekommen), jetzt das nachzahlen sollen, was sie der Gesellschaft vorenthalten haben?

     

    Ich würde das als Betrug werten und auch so ahnden. Dann kämen noch ein paar Milliarden mehr zusammen

  • A
    Anneliese

    "Das ist kein guter Tag für die Zeitarbeit und die gesamte deutsche Wirtschaft"..

     

    Aber ein guter Tag für die deutsche Gesellschaft. Schön, das Lohndumping unter christlicher Leitung das Handwerk gelegt wurde. Gerade diese Arbeitgeber betonen doch immer ihre soziale Kompetenz. Die lassen sie aber höchstens bei ihrer zahlenden Kundschaft walten, Mitarbeiter kann man ja ausbeuten. Das Gebet "und erhöhe täglich unseren Profit" müssen sie jetzt wohl noch inbrünstiger zelebrieren.

  • T
    tystie

    Gott vergelt´s oder Gott vergällt´s?

  • M
    Montcerf

    " "Das ist kein guter Tag für die Zeitarbeit und die gesamte deutsche Wirtschaft", kommentierte Peter Mumme, Präsident des Arbeitgeberverbandes Mittelständische Personaldienstleister (AMP) "

     

    Zunächst ist es kein guter Tag für den AMP, da seine Lohndumpingpolitik durch die gerichtliche Entlarvung seiner ihm ergebenen Scheingewerkschaft deutlich erschwert wurde.

     

    Das war ein guter Tag für die Zeitarbeiter und die Gesamtheit der deutschen Arbeitnehmer.

  • C
    chavez

    CDU, CSU, C, CGZP, C+irgendwas!!!!

    diese Vereinigungen beteiligen sich im Namen von "C" in alles mögliche! Vom Waffenhandel, Kriegstreiberische Aktivitäten, Lohndumping!!!

    liegt es an dem vorangestellten C oder an dem Rest?

  • B
    Bergold

    Das ist eine wunderbare Nachricht

    gleiche Arbeit - gleiches Geld

     

    Nun müssen noch die anderen Zeitarbeitslöhne an den Reallöhnen der Stammbelegschaften angepaßt werden

  • HP
    Hans Peter Sommer

    Ein Anfang ist gemacht.Hoffentlich geht es bei der "Christlichen Gewerkschaft Metall" und ähnlichen Gangstern weiter.