Lockerungsbeschlüsse der Regierung: In Eigenverantwortung

Bund und Länder haben sich auf Lockerungen geeinigt. Der Ball liegt jetzt, ganz föderalistisch, bei den Ländern.

Mann hebt ein Fahrrad hoch auf einer Wiese

Es geht wieder einiges – zum Beispiel Mountainbiken in Bayern Foto: Wilfried Feder/imago images

„Wir gehen einen mutigen Weg.“ Dieser Satz der Kanzlerin umreißt recht gut, wie es um das Verhältnis zwischen Bund und Ländern aktuell steht. Das Ergebnis der stürmischen Telefonkonferenz vom Mittwoch macht deutlich, dass ab jetzt die Entscheidungen wieder verstärkt in den Staatskanzleien zwischen Kiel und Dresden, Schwerin und Stuttgart getroffen werden. Zwar sind die Kontaktbeschränkungen bis Anfang Juni verlängert worden, allerdings soll es je nach einzelnem Bundesland unterschiedliche Lockerungen geben. Und: Die Bundesliga darf ihre Saison fortsetzen. Man muss wirklich nicht alles verstehen.

Das Zauberwort in diesem Prozess lautet jedenfalls Eigenverantwortung. Die MinisterpräsidentInnen wollen sie – nun werden sie sie auch stärker ausüben müssen. Glaubt man ihren Argumenten der zurückliegenden Woche, sprechen sie da für ihre BürgerInnen. Denn auch die müssen ab jetzt wieder mehr Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.

Das mag konkret zur Folge haben, dass Berliner Kinder nicht im brandenburgischen Spielplatzsand buddeln dürfen. Oder dass Radler hinter der bayerischen Landesgrenze kein Herbergszimmer finden. Oder dass erst mal gegoogelt werden muss, wo wie viele Menschen miteinander grillen dürfen. Gut möglich, dass dies ein Sommer wird, in dem wir alle unseren Alltag an einem Wirrwarr von Verordnungen und Verboten entlang organisieren müssen.

Gleichwohl ist dieses Land nun mal föderal verfasst. Mit ihren eiligen, oft irritierenden Lockerungsbeschlüssen haben die Länderparlamente dem Kanzleramt zuletzt zwar zu Recht deutlich gemacht, wie wichtig ihnen dieses Prinzip ist. Denn tatsächlich gibt es große Unterschiede in der ­Pandemie. Dennoch kann man nur hoffen, dass die MinisterpräsidentInnen ihre daraus erwachsende Verantwortung klug wahrnehmen und sich nicht allzu sehr von jenen Lobbygruppen unter Zugzwang setzen lassen, die am lautesten um Hilfe schreien. Nur so viel: Eltern haben gerade eher keine Zeit, Kampagnen zu organisieren, Automobil- und Gaststättenverbände dafür umso mehr.

Richtig chaotisch könnte die Lage aber noch werden, sollte sich wegen des föderalen Flickenteppichs eine neue Infektionswelle über das Land ergießen. Das Virus weiß ja leider nichts von „regionalen Besonderheiten“, mit denen etwa Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gern argumentiert. Oder von Armin Laschets „Stufenplänen“. Oder von Markus Söders „Bayern-Plan“. Sollte es zu einer zweiten Welle kommen, werden sich alle Augen wieder erwartungsvoll gen Kanzleramt richten.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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