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Lockerungsbeschlüsse der RegierungIn Eigenverantwortung

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

Bund und Länder haben sich auf Lockerungen geeinigt. Der Ball liegt jetzt, ganz föderalistisch, bei den Ländern.

Es geht wieder einiges – zum Beispiel Mountainbiken in Bayern Foto: Wilfried Feder/imago images

Wir gehen einen mutigen Weg.“ Dieser Satz der Kanzlerin umreißt recht gut, wie es um das Verhältnis zwischen Bund und Ländern aktuell steht. Das Ergebnis der stürmischen Telefonkonferenz vom Mittwoch macht deutlich, dass ab jetzt die Entscheidungen wieder verstärkt in den Staatskanzleien zwischen Kiel und Dresden, Schwerin und Stuttgart getroffen werden. Zwar sind die Kontaktbeschränkungen bis Anfang Juni verlängert worden, allerdings soll es je nach einzelnem Bundesland unterschiedliche Lockerungen geben. Und: Die Bundesliga darf ihre Saison fortsetzen. Man muss wirklich nicht alles verstehen.

Das Zauberwort in diesem Prozess lautet jedenfalls Eigenverantwortung. Die MinisterpräsidentInnen wollen sie – nun werden sie sie auch stärker ausüben müssen. Glaubt man ihren Argumenten der zurückliegenden Woche, sprechen sie da für ihre BürgerInnen. Denn auch die müssen ab jetzt wieder mehr Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.

Das mag konkret zur Folge haben, dass Berliner Kinder nicht im brandenburgischen Spielplatzsand buddeln dürfen. Oder dass Radler hinter der bayerischen Landesgrenze kein Herbergszimmer finden. Oder dass erst mal gegoogelt werden muss, wo wie viele Menschen miteinander grillen dürfen. Gut möglich, dass dies ein Sommer wird, in dem wir alle unseren Alltag an einem Wirrwarr von Verordnungen und Verboten entlang organisieren müssen.

Gleichwohl ist dieses Land nun mal föderal verfasst. Mit ihren eiligen, oft irritierenden Lockerungsbeschlüssen haben die Länderparlamente dem Kanzleramt zuletzt zwar zu Recht deutlich gemacht, wie wichtig ihnen dieses Prinzip ist. Denn tatsächlich gibt es große Unterschiede in der ­Pandemie. Dennoch kann man nur hoffen, dass die MinisterpräsidentInnen ihre daraus erwachsende Verantwortung klug wahrnehmen und sich nicht allzu sehr von jenen Lobbygruppen unter Zugzwang setzen lassen, die am lautesten um Hilfe schreien. Nur so viel: Eltern haben gerade eher keine Zeit, Kampagnen zu organisieren, Automobil- und Gaststättenverbände dafür umso mehr.

Richtig chaotisch könnte die Lage aber noch werden, sollte sich wegen des föderalen Flickenteppichs eine neue Infektionswelle über das Land ergießen. Das Virus weiß ja leider nichts von „regionalen Besonderheiten“, mit denen etwa Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gern argumentiert. Oder von Armin Laschets „Stufenplänen“. Oder von Markus Söders „Bayern-Plan“. Sollte es zu einer zweiten Welle kommen, werden sich alle Augen wieder erwartungsvoll gen Kanzleramt richten.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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4 Kommentare

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  • Merkwürdig, nun wird per Wirrwarr föderaler Lockerungsbschlüsse, Bürger*nnen Eigenverantwortung selbstverständlich nur auf Bewährung eingeräumt, die ihnen mangels amtlicher Coronavirus Pandemie Prävention, entgegen RKI Studie 2012 zum Verlauf einer Corona Pandemie und Notwendigkeiten an medizinisch-pflegerischem Personal, Intensivmedizinischen Plätzen, Material, Atemschutzmasken aller Kategorien versperrt war? Gleichzeitig schwillt Protestwut der Coronaskeptiker*nnen an, die sich seit Pandemie Anbeginn Dezember 2019 nicht eigenverantwortlich abgeholt fühlen, die in Klagewut münden kann, die alles an Dieselabgasgateklagen an Relevanz in Milliarden €Höhe erblassen lässt?

  • Wenig Beschränkung - aber einheitlich und 14 Tage stabil bedeutet, dass man erfährt welche Massnahmen Erfolg versprechen. Individuelle Länderlösungen verschleiern die Infektionswege. Schüren Zwietracht. Bestätigen Zweifel der Bürger. Diese Zweifel landen in den Umfragewerten unserer Ministerpräsidenten. Die gewohnt flexibel darauf regieren.

    Unwahrscheinlich: dass wir in 3 Wochen sagen "hätten wir doch mehr gelockert."



    Die Risiken, die wir jetzt eingehen - zugunsten des Marktes - werden andere Länder genau registrieren, als Beispiel anführen, eben genau wie bei uns im Binnenverhältnis.

  • Der Flickenteppich ist ein ziemlich guter Ansatz für die Lockerung. Nicht nur, weil man damit viel besser auf regional unterschiedliche Ausbreitung des Virus besser reagieren kann als mit bundesweiten Vorschriften.

    Sondern auch, weil wir damit endlich ein Mittel in die Hand bekommen, den Effekt verschiedener Maßnahmen ein zu schätzen. Sind Treffen in 5-er Gruppen problematisch? Geöffnete Spielplätze? In spätestens zwei Wochen haben wir die Antwort. Und wenn die Zahlen - was nicht zu hoffen und bei Selbstdisziplin auch nicht zu erwarten ist - trotzdem steigen sollten, dann haben wir ein regionales Problem und kein bundesweites.

    • @Peter_:

      So sehe ich das auch. Es weiß doch niemand, ob die Kontaktbeschränkung auf zwei Personen richtig war. Vielleicht wäre bei dreien auch nichts passiert?! Das man bei dem Beginn der Pandemie sehr vorsichtig agiert hat, ist richtig. Aber jetzt kommen wir zu "Versuch und Irrtum". Besser es gibt einen Irrtum nur in einem Bundesland als in allen.