■ Schöner Leben: Loch in Wohnung
Vielleicht ist es ein Phänomen der dunklen Jahreszeit. Oder die Menschen sind berauscht vom Glühwein, Räucherkerzen, Lebkuchenduft oder sonstigen saisonalen Spezereien. Oder der drohende Besuch bei Muttern macht uns im Alltagsleben ein wenig benommen. Auf jeden Fall ist es wieder soweit. Die mysteriösen Löcher in der Wohnung saugen unerbittlich und gierig die wichtigsten Alltagsutensilien in sich auf.
Nichts ist vor ihnen sicher. Besonders gefährdet sind allerdings, kein Wunder bei diesen Außentemperaturen, wärmende Bekleidungsgegenstände. So muß ein guter Bekannter seit Tagen am Herde seiner fußkalten Küche frieren: Das Loch hat den rechten Hausschuh geschluckt. Fort, verschwunden ist das gute, warm gefütterte Stück aus Opis Erbteil.
Eigentlich kann das nicht sein, werden Sie sagen. Stimmt. Zumal der gute Mann nicht in einer wilden Groß-WG sondern in durchaus soliden zweisamen Verhältnissen lebt. Die Zahl der Verdächtigen für den Hausschuh-Frevel hält sich also in Grenzen. Ergo – das Loch ist schuld. Überall treiben diese Löcher ihr Unwesen, nicht nur in unserer kleinen Stadt. Jüngst sprach ich fernmündlich mit meiner Schwester im großen Berlin. Die gute war hörbar bedrückt. Ihr Lieblingsschlafanzug war verschwunden, oder vielmehr, das edle seidige Oberteil.
Auch hier war eindeutig das Loch schuld. Denn meine Schwester lebt allein. Bleibt nur eine Hoffnung: Wenn es den Löchern gefällt, spucken sie die verschluckten Lieblinge des Alltags wieder aus. So hat mein Bekannter gute Chancen, doch noch eines Tages mit zwei Hausschuhen am Herd zu stehen. Und meine Schwester braucht nicht zu weinen. Ihr Seidenpyjama taucht bestimmt irgendwann wieder auf Joachim Fahrun
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen