■ Schöner Leben: Lob des Unsinns
Schöner Leben
Lob des Unsinns
Da sitzen Sie ja schon wieder. Die zweite Tasse Kaffee in der Rechten, die taz in der Linken. Wie jeden Morgen. Was andere Leute in dieser Zeit alles zuwegebringen! Da wird gelaufen, ach was: gespurtet, mit und ohne Haustier; da wird was weggeschwommen und —geschafft; ganze Telefonate mit regelrechten Amtspersonen warden da reihenweise absolviert. Ganz Ausgeschlafene haben so ein veritables Ertüchtigungs- und Erledigungsprogramm abgehakt und sind dann zwar nicht topfit, aber doch selbst erledigt, bevor der Tag noch angefangen hat. Aber: Ist das noch die Morgenstunde, die goldene, wie wir sie kennen?
Wieviel glänzender wäre jenes kostbare Halbstündchen zwischen Frühstücksei und Straßenbahn, wenn man's eben nicht als eine Art vorgezogenen Arbeitsbeginn betrachtete. Warum nicht die Kräfte verschleudern, die Gedanken verschwenden? Bevor sie dem nachfolgenden Arbeitslebenstag anheimfallen? Warum nicht 30 Minuten dem baren Unsinn widmen, bevor wieder alles ordentlich vonstatten geht? Warum nicht, frage ich, statt gassijoggen, mit dem Hund um die Wette bellen? Oder: wildfremde Menschen anrufen, um zu fragen, wie's denn so geht? Lauthals falsche Arien schmettern? Das Gras wachsen hören? Sich dorthin wünschen, wo der Pfeffer wächst? Wie denn — Sie sitzen immer noch da und lesen in aller Ruhe Zeitung? Na, dann: weitermachen. Aber hurtig. In drei Minuten fährt die Bahn. tom
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