Lithium aus Serbien für Deutschland: Dreckiger Rohstoff

So sehr Deutschland Lithium für die Transformation braucht: Der Deal mit Serbien geht auf Kosten von Naturschutz und Menschenrechten.

Proteste in Serbien gegen den Lithiumabbau

Der Lithiumabbau, den Belgrad mit der EU vereinbart hat, stößt in serbischen Städten auf heftigen Widerstand Foto: Darko Vojinovic/ap

Eigentlich klang ja alles ziemlich einleuchtend. Mit dem Lithium aus Serbien könne Deutschland und auch ganz Europa dem Knebelgriff der chinesischen Rohstoffpolitik entgehen. Wie wichtig der Deal mit Serbien genommen wird, zeigte der Besuch des Kanzlers und sein freundliches Treffen mit dem autokratischen Staatschef Aleksander Vučić vor wenigen Tagen. Die Fallstricke dieser Politik jedoch will man in Berlin nicht sehen. Denn in der Bevölkerung der vom Lithiumabbau betroffenen Gebiete wächst erneut der Widerstand.

Die Bewohner der Region befürchten zu Recht, mit der Zerstörung der Natur ihrer Lebensgrundlage insgesamt beraubt zu werden. Der Widerstand war vor drei Jahren so stark, dass er sogar die Regierung Vučićs ernsthaft gefährdete. Er ließ deshalb das Projekt kurzzeitig fallen. Doch der Deal mit Rio Tinto und Deutsch-Europa ist jetzt wieder da. Die neue Interessenslage weckt bei der serbischen Führung die Ambition, ihre von Nationalismus und undemokratischen Positionen geprägte Politik in Europa hoffähig zu machen.

Berlin kommt dem Autokraten an wichtigen Punkten entgegen. Die Kritik an der pro-Putin Haltung Serbiens ist hörbar leiser geworden. Auch die Kritik an der serbischen Geschichtsauffassung – so in der Frage der Aufarbeitung der serbischen Verbrechen nicht nur in Bosnien, auch in Kosovo, während des Krieges der 90er Jahre, ist fast verstummt. Die heutigen Ambitionen Serbiens, wieder ein Groß-Serbien anzustreben und die Nachbarländer auch militärisch unter Druck zu setzen, fallen unter den Tisch.

Geradezu Entsetzen ausgelöst hat die Politik des Sondergesandten für den Balkan, Manuel Sarrazin. Der hat dem serbischen Präsidenten der Teilrepublik, Milorad Dodik, sogar bedeutet, die „Republika Srpska“ könne sich von Bosnien und Herzegowina abspalten. Sarrazin hat damit die nationalistischen Positionen der serbischen Extremisten anerkannt. Wofür steht die Ampel und der Koalitionspartner die Grünen noch: Opfern sie für Lithium die Kritik an der Naturzerstörung, sind sie noch für Menschenrechte, sind sie noch gegen Geschichtslügen und Nationalismus?

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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