Links-schwarze Zusammenarbeit: Chaos in der Thüringer CDU

Die Landes-CDU debattiert nach Mohrings Volte weiter darüber, wie sie es mit der Linken hält. Die Partei steht vor einer Zerreißprobe.

Miko Mohring vor der CDU-Zentrale in Berlin

Mike Mohring vor der CDU-Zentrale in Berlin Foto: Michael Kappeler/dpa

Wie hältst du’s mit der Linken? An dieser Frage reibt sich nach dem Wahlsieg der Linkspartei in Thüringen die CDU auf. Die schwelende Debatte hat Potenzial, sich zu einem Brand in der Partei auszuweiten, der auch den Vorsitzenden Mike Mohring bedrohen könnte.

Bodo Ramelows Linkspartei hatte die Landtagswahl am Sonntag deutlich gewonnen, kann allerdings mit ihren bisherigen Partnern Grüne und SPD keine Mehrheitsregierung mehr bilden. An dieser Stelle kommt die drittplatzierte CDU ins Spiel.

Am Montagmorgen schien sich aus dem Nebel der Äußerungen von Landeschef Mohring noch schemenhaft eine irgendwie geartete Kooperation mit der Linken herauszuschälen. Von „Verantwortung für das Land“ und Stabilität war die Rede. Nach der Präsidiums- und Landesvorstandssitzung vom Montagabend gilt aber wieder „Eisern Union“.

Keine Tolerierung einer von Bodo Ramelow geführten Minderheitsregierung geschweige denn eine Koalition mit dem Wahlsieger Linke! Vor der Wahl gefasste Beschlüsse gelten weiterhin für AfD und Linke.

Mohring zurückgepfiffen

Mohring musste sich auf der Sitzung wohl einiges an Kritik anhören und wurde zurückgepfiffen. „Für uns war wichtig, dass keine Deutungen vorgenommen werden, die wir nicht wollen“, schildert Generalsekretär Raymond Walk der taz den Diskus­sions­verlauf. Die Absage an eine Zusammenarbeit mit der Linken und der AfD sei einmütig bekräftigt worden.

Mohring verkündete am gleichen Abend, er könne sich „keine Situation vorstellen, dass die abgewählte rot-rot-grüne Landesregierung durch die Unterstützung der CDU in eine neue Regierungsverantwortung gehoben wird“. Er werde aber „aus staatspolitscher Verantwortung“ der Gesprächseinladung von Ministerpräsident Bodo Ramelow folgen.

Allein: Eine solche Einladung gibt es offiziell nicht. „Weder Bodo Ramelow noch die Partei haben Herrn Mohring zu Gesprächen eingeladen“, stellte die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow gegenüber der taz klar.

Derweil diskutiert die CDU munter weiter. Auch Widersacher, die Mohring längst kaltgestellt zu haben glaubte, melden sich zurück. Parteivize Mario Voigt etwa, der über die dpa am Montag erklärte, er sei „höchst irritiert über die in den Medien verbreiteten Gesprächsangebote“, und nach der Wahlnacht von einem „Scherbenhaufen“ sprach.

Die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg warnte ihre Partei vor einer Spaltung durch ein Zusammengehen mit der Linken.

Ramelow-Fans in der CDU

Tatsächlich steht die CDU gerade vor einer Zerreißprobe. CDU-Fraktionsvize Michael Heym schielt nach rechts und hat eine Zusammenarbeit mit der AfD ins Gespräch gebracht. Andere wollen sich nach beiden Seiten abgrenzen. So wie Michael Koch und Jan Maihöfer von der Jungen Union am Sonntagabend auf der Wahlparty. „Eine Koalition mit Extremisten von links oder rechts scheidet aus.“

Aber auch die Ramelow-Fans unter den Thüringer CDU-Mitgliedern – die gibt’s – wagen sich aus der Deckung und stellen die gefassten Unvereinbarkeitsbeschlüsse infrage.

Lutz Koscielsky etwa, seit 1990 für die CDU im Stadtrat von Treffurt. „Die CDU sollte konstruktiv diskutieren und eine Regierung mit Ramelow als Ministerpräsident mindestens tolerieren“, sagte Koscielsky der taz. „Wenn wir das hinbekämen, wäre das ein Sieg der Demokratie.“

Ramelow sei klarer Wahlgewinner und als Landesvater weit über die politischen Lager hinaus populär, meint Kos­cielsky und appelliert an seine Partei: „Wir müssen die Realität zur Kenntnis nehmen.“ Eine Zusammenarbeit mit Ramelow und den Linken von vornherein auszuschließen ist für den Bäckermeister „pure Ideologie“. Es ginge doch um das Land: „Thüringen muss an erster Stelle stehen.“

Neue Entscheidung gewünscht

Koscielsky, Vizepräsident der Südthüringer Handwerkskammer und Landesinnungsmeister der Thüringer Bäcker, weiß dabei andere CDU-nahe UnternehmerInnen hinter sich. Kein Mensch weiß ehrlicherweise, wie es weitergeht“, räumt Generalsekretär Walk die volatile Situation ein. „Möglicherweise werden wir schon Ende dieser Woche neue Beschlüsse fassen, die anders aussehen.“

Möglicherweise keine schlechte Idee. Die Wahlanalyse der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zitiert eine Umfrage, wonach 68 Prozent der CDU-Anhänger der Ansicht seien, dass über eine Koalition mit der Linkspartei neu entschieden werden solle.

In der Linkspartei lehnt man sich unterdessen gelassen zurück und schaut interessiert auf die streitenden Christdemokraten. „Innerhalb der Thüringer CDU scheint es weder vor noch nach der Wahl irgendeine Form strategischer Positionierung gegeben zu haben“, schreibt Staatskanzleichef Benjamin Hoff in einer Wahlanalyse im Freitag.

Am Mittwochmorgen trifft sich die Linken-Spitze erst einmal mit SPD und Grünen. „Wir entscheiden dann gemeinsam mit unseren Partnern, mit wem wir Gespräche führen“ so Hennig-Wellsow.

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