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„Liebe taz...“ Keine 24 Stunden lang Kontrolle –Betr.: „Ärzte schlagen Alarm“, taz bremen vom 23. April 1999

Als Substitutionspatient mit einer kleinen Dosis Polamidon täglich (ohne Beigebrauch) führe ich seit mehreren Jahren ein normales und zufriedenes Leben! Auch ich weiß aus Erfahrung, daß es unter den Methadon-Ärzten einige schwarze Schafe gibt. Deshalb wäre eine strengere Methadon-Abgabe durchaus wünschenswert. Trotzdem möchte ich bemerken, daß ein Arzt die einzelnen Substitutionspatienten nicht 24 Stunden am Tag unter Kontrolle hat!

Desweiteren möchte ich feststellen, daß jeder Fixer bei Eintritt in das Methadon-Programm auf eine auf ihn abgestimmte Dosis eingestellt wird. Von dieser Tagesdosis allein kann beziehungsweise darf eigentlich kein Drogensüchtiger sterben!

Da wir Heroinsüchtigen bis zum Beginn der 90er Jahre von der Regierung und von den Ärzten kaum sinnvoll unterstützt wurden, sind im Laufe der Zeit aus akuten Narkotikern akute Polytoxomane geworden, also Süchtige, die gegen ihren Heroinentzug nach Alkohol, Schlafmitteln, Kokain etc. p.p. greifen!

Die Süchtigen in Hamburg sind zum großen Teil an einer überdosierten Mischung aus Methadon mit Alkohol, Beruhigungsmitteln oder anderen Drogen gestorben.

In Ihrem Artikel wurde Methadon als Heilmittel bezeichnet! Sind hier die Erwartungen und Ziele nicht sehr hochgesteckt?

Methadon ist ein Ersatz für eine Heroinsucht, so wie Insulin ein Ersatz für eine Zuckerkrankheit ist! Von Heilung ist man hier doch weit entfernt ...

Ich persönlich bin 35 Jahre alt, heroinsüchtig seit 1979 und erhalte seit 1994 Polamidon (ohne Beigebrauch, ärztlich kontrolliert). Seit 1995 bin ich gemeinsam mit meiner Ehefrau als Kaufmann selbständig. Wir haben immerhin ständig drei feste Mitarbeiter.

Ohne die Substitution mit Polamidon würde ich heute nicht mehr leben.

W. Hermann

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