Lidl kopiert Lemonaid-Produkte: Gleiche Optik, anderer Inhalt
Die Produkte der einen Marke sind Bio, Fairtrade. Pro verkaufter Flasche wird ein Betrag für soziale Projekte gespendet. Das Plagiat ist von Lidl.
![ein Lidl-Firmenschild ein Lidl-Firmenschild](https://taz.de/picture/2959386/14/lidl.jpeg)
Paul Bethke ist sauer. Saurer, als seine erfrischenden Biolimos jemals sein werden – trotz Verzicht auf Industriezucker. Bethke hat zehn Jahre lang die Getränkefirma Lemonaid aufgebaut. Es ging dabei neben dem „gesunden Genuss“ immer auch um ökologische wie soziale Verantwortung. Die Produkte dieser Marke sind Bio, Fairtrade – und pro verkaufter Flasche spendet das Unternehmen einen Betrag für soziale Projekte.
Nun hat der Discounterriese Lidl eine neue Produktserie lanciert: Limos, die denen von Lemonaid zum Verwechseln ähneln. Zwar ist der Preis niedriger und die Zutatenliste länger. Gemeinsamkeiten von Flaschenform, Design und Geschmacksvarianten sind aber sicher kein Zufall.
Auf ihrer Website lassen die Kopierten von Lemonaid wenig Zweifel daran, wie sie das finden: „Hört auf, Eure Regale mit billigen Lemonaid-Fakes zu füllen!“ In einem offenen Brief an Lidl schreibt Chef Bethke etwas gefasster: „Gleiche Optik – gänzlich anderer Inhalt: kein Bio, kein Fairtrade, stattdessen viel Zucker, Farbstoffe und Säuerungsmittel – null sozialer Beitrag“. Er fordert den Vorstandsvorsitzenden von Lidl auf, die eigenen Unternehmensgrundsätze umzusetzen. Diese handeln explizit von großer Verantwortung für Mensch und Natur und dem Ziel, Deutschlands nachhaltigster Discounter zu werden.
Das werde „jedoch nicht durch Täuschung wohlwollender Kunden erreicht“, heißt es in dem Brief weiter. Er schließt mit der Forderung an die Supermarktkette, seine ausgefallene Form der Lemonaid-Wertschätzung zu überdenken und rückgängig zu machen. „Wir sind gespannt, ob unser Brief zu Maßnahmen Ihrerseits führt“, so Bethge.
Das Prinzip der Nachahmungsfreiheit
Moralisch mag Lemonaid damit im Recht sein, juristisch ist die Sache kompliziert. In Deutschland gilt das Prinzip der Nachahmungsfreiheit: Produkte, Erfindungen und Ideen dürfen von jedem imitiert werden. Sobald aber gegen Schutzbestimmungen für geistiges Eigentum oder Wettbewerbsrecht verstoßen wird, sieht die Sache anders aus. So können bestimmte Ausgestaltungen eines Produkts oder dessen Kennzeichnung durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geschützt sein. Auch Irreführung soll durch geltendes Recht unterbunden werden.
Ob es zu einem Prozess kommt, steht aber in den Sternen – und kann bei Lemonaids schmalem Budget bezweifelt werden. Dafür hat die ethische Firma eine Social-Media-Kampagne gestartet, um öffentlichkeitswirksam Druck auf Lidl aufzubauen. Unter dem Hashtag #lidlklontdich werden treue Konsumenten aufgerufen, Stellung zu dem Produktplagiat zu beziehen.
Außerdem könnte das Limo-Imitat ein Fall für den Negativ-Preis „Plagiarius“ werden. Dessen Jury versucht seit 1977, „plumpe Nachahmungen, die dem Originalprodukt absichtlich zum Verwechseln ähnlich sehen und die keinerlei kreative oder konstruktive Eigenleistung aufweisen, in den Fokus zu rücken“. Dies hat in der Vergangenheit schon öfter dazu geführt, dass Produktnachahmer eine Einigung mit dem Originalhersteller gesucht haben.
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