: Licht und Schatten
■ Jahresbericht des Datenschützers für 94
Nicht die totale Überwachung wie bei Orwell sondern die Langlebigkeit von einmal gespeicherten Daten und ihre mögliche Vernetzung sind es, die den Bremer Datenschützer Stefan Walz aktiv werden lassen. In seinem gestern vorgelegten Jahresbericht nennt Walz für Bremen „Licht und Schatten“: Neben „zahlreichen Fällen von Schlamperei, Gedankenlosigkeit und technischen Verfahrensmängeln“ habe es auch positive Beispiele gegeben.
Als Beispiele für Probleme mit dem Datenschutz nennt der 120 Seiten dicke Bericht folgende Fälle: Akten des Jugendamtes wurden auf einem Schuttcontainer gefunden, auf Kindergeld-Fragebögen wurde nach adoptierten Kindern gefragt, an Uni und Hochschule wurden Prüfungsergebnisse mit Namen öffentlich ausgehängt. Die AOK erfaßte alle Rezeptdaten von PatientInnen, statt diese nur per Stichprobe zu sammeln, die Polizei speicherte anonyme Anzeigen im Computer auch noch nach deren Widerlegung, „Geheimadressen“ wurden im Wählerverzeichnis bekanntgegeben. Zu den positiven Beispielen zählt für Walz vor allem das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst, nach dem die Gesundheitsämter die Daten aus freiwilligen Beratungen und aus den amtsärztlichen Stellen trennen.
Grundsätzlich, auch das machte Walz allerdings klar, drohe dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Bonner Gesetzgebung „zunehmende Aushöhlung“. Das letzte Jahr habe sowohl das „Verbrechensbekämpfungsgesetz“ als auch den direkten Zugriff auf die Daten aller Nichtdeutschen nach dem Ausländerzentralregister-Gesetz gebracht. Auch bei den „Datenautobahnen“ sei Vorsicht angesagt: Laut Walz muß es zwar jedem Benutzer möglich sein, sich auf den Datenwegen frei zu bewegen, doch dürfe er dabei eben keine „Datenspur“ hinterlassen, die die Erstellung eines Benutzerprofils ermögliche. Überhaupt liege ein weites und unbearbeitetes Feld für den Datenschutz in der Privatwirtschaft: Immer mehr und immer intimere Daten würden inzwischen in den Dateien der Privatwirtschaft wie etwa bei Banken angelegt und benutzt. bpo
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