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Libyen will nicht zahlen"Da könnte ja jeder kommen"

Die britische Regierung steht unter Druck, weil sie es nicht schafft, Schadensersatz gegen Libyen durchzusetzen. Gaddafi hatte die IRA in den Achtzigern mit Sprengstoff versorgt.

Ich zahl nicht mehr: Staatschef Gaddafi will keine IRA-Opfer entschädigen. Bild: reuters

DUBLIN taz | Die libysche Regierung wird freiwillig keine Entschädigung für die Familien der Opfer zahlen, die bei Anschlägen der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) getötet oder verletzt wurden. Saif al-Islam Gaddafi, der Sohn von Staatschef Muammar Gaddafi, sagte: "Da könnte ja jeder kommen. Man geht vor Gericht. Die haben ihre Anwälte. Wir haben unsere Anwälte."

Die Familien verlangen eine Entschädigung, weil Libyen die IRA in den Achtziger- und Neunzigerjahren mit Waffen und Semtex-Sprengstoff versorgt hat. Ende der Neunzigerjahre verriet Gaddafi im Zuge seiner Annäherung an den Westen dem britischen Geheimdienst die Details über die Lieferungen.

Die Angehörigen hatten gehofft, dass Libyen sich nach der Freilassung von Abdelbaset al-Megrahi kompromissbereit zeigen würde. Der 57-Jährige ist von der schottischen Regierung im vorigen Monat "aus humanitären Gründen" nach Libyen entlassen worden, weil bei ihm Prostatakrebs im Endstadium diagnostiziert worden war. Al-Megrahi wurde 2001 aufgrund dubioser Indizien zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Er soll für den Lockerbie-Anschlag im Jahr 1988 auf eine Boeing 747 der US-Fluggesellschaft Pan Am verantwortlich sein, bei dem 270 Menschen starben.

Der britische Premierminister Gordon Brown hat auf einer Pressekonferenz während seines Besuchs in Berlin am Sonntag erklärt, dass er ein Team aus Fachleuten des Außenministeriums zusammenstellen wird, das die Familien der IRA-Opfer bei den Verhandlungen mit Libyen unterstützen soll. Die Fachleute sollen mit Mitarbeitern der britischen Botschaft innerhalb der nächsten zwei Wochen bei den libyschen Stellen vorsprechen.

Bisher hatte Brown es abgelehnt, Druck auf Libyen auszuüben. Er sagte voriges Jahr, dass es "unangebracht" sei, wenn sich Minister in die Verhandlungen einmischten. In einem Brief an den Anwalt, der die Angehörigen von 141 IRA-Opfern vertritt, schrieb Bill Rammell, damals Staatssekretär im Außenministerium: "Libyen ist nun ein bedeutender Partner für Großbritannien sowohl bei der Sicherung der Energie als auch beim Kampf gegen den Terrorismus. Mir ist zwar klar, dass sie das nicht zufriedenstellen wird, aber es ist wichtig für die gegenwärtige und künftige Sicherheit Großbritanniens, dass das fortgesetzt wird."

Seit der Freilassung al-Megrahis ist die Regierung jedoch unter Druck geraten, nachdem Justizminister Jack Straw eingeräumt hatte, dass es bei einem Ölgeschäft mit Libyen auch um al-Megrahi ging. Brown betonte zwar weiter, dass es ihm um den Kampf gegen den Terrorismus gehe, aber die Kritik an dem "Ölgeschäft auf Kosten der Terroropfer" wuchs.

Am Wochenende sagte Brown: "Trotz unserer Bemühungen all diese Jahre haben die Libyer sich stets geweigert, einem Abkommen über die IRA-Opfer zuzustimmen. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir unsere Unterstützung für die Opferkampagne verstärken." Die Sprecher dieser Kampagne begrüßten die Entscheidung. Jonathan Ganesh, der seit einem IRA-Bombenanschlag in London auf einem Ohr taub ist, sagte zum Guardian: "Es hat lange gedauert, aber es sieht so aus, dass wir eine sehr große Hürde genommen haben."

Die US-Regierung hat bereits im Jahr 2003 Schadensersatzforderungen gegen Libyen durchgesetzt. Die Regierung in Tripolis zahlte zehn Millionen Dollar an US-amerikanische Opfer von IRA-Anschlägen. Ein Gesetz von 1976 gestattet es US-Bürgern, die bei IRA-Anschlägen in Großbritannien oder Nordirland zu Schaden kamen, Libyen vor US-Gerichten zu verklagen.

Laut Brown soll bei den Verhandlungen mit Libyen auch der Fall von Yvonne Fletcher zur Sprache kommen. Die Polizistin ist 1984 durch Schüsse aus der libyschen Botschaft in London getötet worden. Die libysche Regierung erklärte, man könne über Schadensersatz reden, wenn die britische Regierung im Gegenzug Informationen über ein versuchtes Attentat auf Gaddafi im Jahr 1996 herausrücke. David Shayler, ein ehemaliger MI 5-Agent, behauptet, der britische Geheimdienst sei daran beteiligt gewesen.

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4 Kommentare

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  • SS
    Svetozar Schnuckelberger

    Kann es eigenlich sein, dass Gaddafi im Habitus den Helge Schneider imitiert? Wenn ja: Welche politischen Folgerungen sind daraus zu ziehen?

  • I
    incognitus

    wieso die waffenkonzerne in die knie zwingen?

    die "können ja nichts dafür" bzw. sie haben die waffen zwar hergestellt, aber letztlich bereitgestellt wurden sie ja meistens von den ländern an sich. und ich würde einfach mal behaupten, dass die von meinem vorredner genannten länder, allen voran die nr.1 im bereich waffen, ernsthafte finanzielle probleme bekämen, wenn sie für jeden, der seit dem ende des zweiten WK durch ihre waffen getötet oder verletzt wurde, angemessen entschädigen müssten. (wenn man nur mal an den kalten krieg denkt, in dem beide seiten mit wachsender begeisterung waffen an so ziemlich jeden verteilt haben, der bereit war, damit die gegenseite zu bekämpfen)

    das ganze erinnert etwas den vorfall mit den atombomben in nordkorea. irgendwelche diktatoren für ihre miesen machenschaften anzuklagen, während man selber der meister auf eben jenem gebiet ist.

    hmm....der kommentar sollte anfangs eigentlich nur 1-2 kurze sätze enthalten

  • JS
    Jack Stern

    was die briten wollen und die usa durchgesetzt hat erinnert mich an ,,der stärkere hat recht'' als an gefestigte gerechtigkeits empfinden. was haben usa seinen opfern bezahlt, wann haben sie sich entschuldigt? und woher weiss man den eigendlich wer mit libyens bomben getötet wurde?

  • Z
    Zukunft

    Ist doch toll, jetzt bekommen alle Entschädigung die mit Amerikansichen Waffen getötet wurden. Auch Israel ist ein großer Waffenexporteur sowie GB und Germany,Frankreich und Russland. Endlich kann die Welt darauf hoffen, durch endlose Prozesse die Waffenkonzerne in die Knie zu Zwingen, so wie es schon mit den Tabakkonzernen geschehen ist. Große Aussichten für eine Waffenfreie Zukunft.