piwik no script img

Leverkusens StarstürmerBailey boxt sich durch

Leon Bailey, 20, verleiht selbst dem grauen Bayer Leverkusen Glamour. Zum Auftakt der Rückrunde geht es gegen den FC Bayern.

Volltreffer: Leon Bailey ist bei Bayer Leverkusen voll eingeschlagen Foto: ap

Leverkusen taz | Natürlich ist „Superstar“ ein Begriff, mit dem man vorsichtig sein muss, allerdings huldigen in diesem Fall nicht nur die Boulevardzeitungen dem 20-Jährigen als schillerndste Figur dieses Bundesligawinters. Auch sein Berater Craig Butler trägt fleißig zu dieser Inszenierung bei. Der Mann, der Bailey entdeckte und später adoptierte, streut fröhlich Gerüchte vom Interesse englischer Klubs, auch der FC Bayern soll den Leverkusener als Nachfolger für Franck Ribéry ins Auge gefasst haben.

Bailey hier, Bailey da, der junge Fußballer ist derzeit der große Entertainer des Werksklubs. Denn neben seinen sehenswerten Leistungen, seinen bisher sechs Toren und fünf Vorlagen, hat er auch eine Lebensgeschichte zu bieten, die sich drastisch von den glatt geschliffenen Karrieren der Zöglinge aus den deutschen Fußballinternaten unterscheidet.

Bailey wuchs in schwierigen Verhältnissen in Jamaikas Hauptstadt Kingston auf, wo er früh von seinem heutigen Berater entdeckt wurde. Dieser Craig Butler war in Jamaika wegen seiner dubiosen Transferaktivitäten bereits zu einer sechsjährigen Sperre verurteilt worden, aber er betreibt die Phoenix All Stars Football Academy, wo Bailey sich wunderbar entwickelte. Mit Butlers Sohn Kyle wurde Leon mit 14 nach Europa geschickt, wo er über Österreich beim KRC Genk landete und turbulente Jahre erlebte.

Als es Probleme mit den Fifa-Regularien gab, weil Bailey mit 16 zu jung für den Dreijahresvertrag war, den er unterschrieben hatte, war Craig Butler unauffindbar. „Es war eine schlimme Situation“, hat der damalige Sportdirektor Gunter Jacob einmal erzählt, „um zu verhindern, dass die Jungs auf der Straße herumliefen, haben wir dafür gesorgt, dass sie zur Schule gehen konnten und dass sie bei uns ausgebildet wurden.“ Als Butler wieder auf der Bildfläche erschien, behauptete er, in Mexiko entführt, ausgeraubt und in der Wüste ausgesetzt worden zu sein, wo er nur mit Glück überlebte.

Länderspiel fehlt noch

Im vorigen Winter kam Bailey für zwölf Millionen Euro nach Leverkusen, fiel aber zunächst nicht auf dem Platz auf, sondern weil er sich auf der Plattform Snapchat über den belgischen Boxer Atif Tanriseven Ribera lustig gemacht hatte. Der Kampfsportler drohte Prügel an. Und in Leverkusen fragten sich viele: Was für einen Spinner haben die da eingekauft? Inzwischen freuen sich alle, diesen Straßenköter in ihrem Team zu haben, dem ja schon lange vorgeworfen wird, zu brav zu sein.

Der Adoptivvater hat bisher verhindert, dass sein Ziehsohn für Jamaikas Nationalteam antritt, um die Option zu wahren, in eine europäische Auswahlmannschaft aufgenommen zu werden

Eine tragende Säule des gegenwärtigen Erfolges sei „die Mentalität dieser Mannschaft“, sagt beispielsweise Sven Bender, der Bailey im Trainingsalltag als „guten, klaren Typen“ wahrnimmt. Rudi Völler charakterisiert das neue Bayer-Juwel als „mannschaftsdienlich und selbstkritisch“, und Trainer Herrlich sagt, sein bester Spieler sei sehr „aufmerksam und wissbegierig“. Ein Länderspiel fehlt Bailey trotzdem noch.

Der gewiefte Adoptivvater hat bisher verhindert, dass sein Ziehsohn für Jamaikas Nationalteam antritt, um die Option zu wahren, in eine europäische Auswahlmannschaft aufgenommen zu werden. Sollte der Leverkusener also noch eine Weile in der Bundesliga spielen und – etwa nach einer Hochzeit – eingebürgert werden, könnte er theoretisch sogar in die DFB-Elf berufen werden.

Auf dem Platz ist Bailey nämlich ein Spektakel als unkonventioneller Individualist, wie ihn jedes Team der Welt gebrauchen kann. Noch spektakulärer ist nur, dass er trotz seiner bewegten Biografie bisher eine solch perfekte Balance zwischen seriöser Arbeit und Leichtigkeit im Alltag findet.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Wieso sollte er erst heiraten müssen vor der Einbürgerung? Ich bin sicher mit nem Erstligaprofihonorar kann er sich die auch kaufen!