Letzter Teil der „Hobbit“-Verfilmung: Die Zwerge kommen ganz groß raus
„Die Schlacht der fünf Heere“ bietet jede Menge Kloppe in 3-D. Dabei wechseln die Allianzen – je nachdem, welchen Feind es gerade zu bekämpfen gilt.
Fliegeralarm! Für die Menschen der Stadt Esgaroth besteht reichlich Grund zur Sorge. Ihr Nachbar, der Drache Smaug vom Berg Erebor, hat sehr schlechte Laune, und die lässt er an den Einwohnern der Seestadt aus. Wie ein Bomber im Tiefflug zieht er über die Dächer, die bald lichterloh brennen, während die Leute verzweifelt ins Wasser springen oder mit Booten das Weite suchen.
Allein der wackere Bürger Bard zeigt sich wehrhaft und bekämpft den geflügelten Feuerspucker Aug in Aug mit einem schwarzen Stahlpfeil vom Kirchturm aus. Es ist eine der spektakulärsten Szenen des Films, ein großer Auftakt dieser Leistungsschau an Computer-Effekten, die ihre Wirkung selten verfehlen.
So weit erfüllt „Die Schlacht der fünf Heere“, der letzte Teil der „Hobbit“-Verfilmung Peter Jacksons, erst einmal alle Erwartungen in Sachen Schaulust: Schwertklingen scheinen bis in die ersten Sitzreihen hinein aus der Leinwand zu ragen, Elbenfürsten reiten auf hirschartigen Lebewesen mit so ausladendem Geweih einher, dass man unvermittelt den Kopf einziehen möchte. Von den zahllosen Ungetümen, die einem fast auf den Leib rücken, ganz zu schweigen.
Dafür spielt der Hobbit, also Bilbo Beutlin, der titelgebende Vertreter dieser Spezies mit den stark behaarten knorrigen Füßen, diesmal ausnahmsweise nicht die Hauptrolle. Vielleicht war es Bilbo-Darsteller Martin Freeman auch einfach leid, ständig mit diesen unpraktischen Fußattrappen herumstapfen zu müssen. Stattdessen hat Richard Armitage als Zwergenkönig Thorin Eichenschild einen umso wichtigeren Auftritt.
Verführerisches Gold
Mit dieser Verschiebung kommt zugleich ein wenig Ambivalenz in den Plot. Bildeten Thorin und seine Zwergenvasallen für den größten Teil des Abenteuers noch eine Gemeinschaft mit Bilbo und Gandalf, dem Zauberer, führt jetzt die Frage des rechtmäßigen Besitzes am Goldschatz, den sich der Drache von den Zwergen gekrallt hatte, zum ernsthaften Zerwürfnis.
„Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere“. Regie: Peter Jackson. Mit Martin Freeman, Richard Armitage. Neuseeland/Großbritannien/USA 2014, 144 Min.
Kinostart: 12. Dezember 2014
Misstrauischer als Dagobert Duck in seinem Geldspeicher streift Thorin mit paranoidem Blick durch die mächtigen Felshallen des Zwergenreichs, dessen Boden mit einem ansehnlichen Mittelgebirge aus Goldmünzen bedeckt ist. Und dann ist auch noch der Arkenstein, das Kronjuwel der Zwerge, spurlos verschwunden.
Den blau leuchtenden Edelstein haben ausgerechnet die Menschen plötzlich in ihrem Besitz, um damit ordentlich Druck auf die Zwerge zu machen – im Verbund mit den Elben, die ihrerseits Anspruch auf einen Teil des wertvollen Geschmeides stellen, das im Berg lagert.
Diese Episode, in der die zuvor bestehende Allianz zwischen den Völkern auf eine harte Probe gestellt wird, zählt zu den aufgeblähteren Elementen der Romanvorlage. Genauso wie bei der unmittelbar folgenden großen Entscheidungsschlacht der Elben, Menschen, Zwerge und Adler gegen die andrängenden Orks wählte Jackson für das Drehbuch einige wenige Seiten aus dem ohnehin schon übersichtlichen Rest des Buchs und erklärte sie zu zentralen Bestandteilen der Handlung.
Geeint durch den Feind
Der Konflikt, der erzählt wird, besteht zwischen Finanzinteressen einerseits und globalpolitischen Konstellationen in Mittelerde andererseits. Denn die – sich an Fragen der Umverteilung des Reichtums entzündende – Zwietracht zwischen den Zwergen und dem Rest der Nicht-Orks dauert gerade einmal so lange an, bis die unansehnlichen Orks mit ihrer ganz eigenen geostrategischen Agenda herannahen: Sie wollen alle anderen Völker plattmachen, um die Macht ihres dunklen Fürsten Sauron auszudehnen. So kommt es zum erneuten Zweckbündnis gegen einen gemeinsamen Feind, wie es in der Politik halt so läuft.
Für das Geschehen dieser Schlacht wählte J. R. R. Tolkien noch die diskrete Vogelperspektive, um seinem Anspruch, ein kinderfreundliches Buch zu schreiben, gerecht zu werden. Jackson hingegen bleibt seinen Anfängen im Trash-Horror insofern treu, als er die Szenen des Gemetzels gern aus nächster Nähe schildert.
Kunstblut kommt dabei nur begrenzt zum Einsatz, dafür verliert der eine oder andere Ork gewaltsam seinen Kopf – ohne dass Körpersäfte fließen würden. Vermutlich hat Jackson es mit dieser halbexpliziten Lösung so gerade noch einmal geschafft, die Bedingungen für die Freigabe ab 12 Jahren zu erfüllen.
Ausladende Kampfhandlungen
Damit der unstete Thorin als Figur am Ende wieder vollständig rehabilitiert ist, fügt Jackson einen strapaziösen Zweikampf zwischen dem Zwerg und dem Ober-Ork ein, der als grandioser Showdown auf einem gefrorenen Wasserfall inszeniert wird.
Im Roman ist es aber Beorn, der Pelzwechsler, ein Wesen zwischen Mensch und Bär, der den Kampf gegen die Orks in Gestalt eines Riesenraubtiers entscheidet. Thorin ist da schon längst seinen Verletzungen im Gefecht erlegen. Eine im Grunde speziesistische Entscheidung Jacksons, dem es wohl nicht ins dramaturgische Konzept passte, den Sieg von einem wilden Teilzeitbären davontragen zu lassen.
An diesem – vorübergehenden – Triumph über das Böse angelangt, ist man der ausladenden Kampfhandlungen jedoch etwas müde geworden. Auch die sich zart andeutende multiethnische Liebesgeschichte zwischen der Elbin Tauriel und dem Zwerg Kili, die nicht nur von den Wirren des Krieges, sondern auch durch Vorbehalte seitens der männlichen Elben verhindert wird, sorgt als dramatische Nebenhandlung mehr für unnötigen Kitsch als für sinnvolle Abwechslung. Am Ende ist man froh, wenn Bilbo endlich nach Hause ins Auenland darf, wo das Gras eben deutlich grüner ist als in der Einöde um den Berg Erebor.
Und was kommt danach? Peter Jackson soll schon die Befürchtung geäußert haben, von nun an gehe es mit seiner Karriere bergab. Wer weiß, immerhin gibt es ja das eine oder andere unverfilmte Buch Tolkiens wie das „Herr der Ringe“-Prequel „Das Silmarillion“ oder die Erzählung vom unblutigen Drachenbezwinger „Bauer Giles von Ham“. Für ein gediegenes Alterswerk sollte da das eine oder andere Skript zu holen sein.
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