Leo Kirch: Für eine Handvoll Millionen mehr
1,5 Milliarden Euro will Kirch für drei Jahre Bundesliga zahlen. Heute begutachten die Vereine das Angebot des Pleitiers.
BERLIN taz Am Ende siegt wahrscheinlich mal wieder das Geld über die Vernunft: Rund 1,5 Milliarden Euro will der Medienunternehmer Leo Kirch für die zur Verhandlung stehenden kommenden drei Bundesliga-Spielzeiten auf den Tisch legen. Das sind rund 20 Prozent mehr, als die Liga aktuell erlöst. Sollte die Deutsche Fußball-Liga (DFL), deren Vorstand sich bereits gestern traf und die heute mit ihren 36 Mitgliedsklubs beraten will, für eine Vermarktung der Rechte durch Kirchs Firma KF 15 erwärmen, wäre das für den 80-Jährigen ein Comeback ohnegleichen.
Allerdings ist der Pleitier aus nahe liegenden Gründen bei den Vereinen umstritten. "Ich verbinde mit dem Namen Leo Kirch - nach dem Bundesliga-Skandal - die größte Krise der Liga", erklärte Wolfgang Holzhäuser, Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, auf Anfrage der taz. Kirchs Untergang vor fünf Jahren hatte den Klubs schließlich Millionenausfälle beschert, an denen einige noch heute zu leiden haben. "Da muss schon einiges Positives rüberkommen", so Holzhäuser, "um diesen Makel zu beseitigen." Andere Verantwortliche wie Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge schließen eine erneute Zusammenarbeit mit Kirch allerdings ausdrücklich nicht aus. Aber man will aus dem Desaster gelernt haben: Bürgschaften müsste Kirch vorlegen, "sichere Garantien" fordert Werder-Chef Jürgen Born, von "erstklassigen Banken".
Doch welche Bank würde Garantien in einer solchen Höhe abgeben - wo doch die Einnahmen aus der TV-Lizenz nicht unbegrenzt in den Himmel wachsen? Bei der Auslandsvermarktung ließe sich wohl noch nachlegen, doch geht es hier um vergleichsweise geringe Beträge. Beim Free-TV geht dagegen nichts mehr: Für die Privatsender wie RTL und Sat.1 ist die Liga schon heute nicht mehr refinanzierbar, und den Öffentlich-Rechtlichen wird wohl auch niemand weitere Gebührenerhöhungen zur Unterstützung millionenschwerer Fußballklubs zubilligen. Bleibt das Bezahlfernsehen: Doch dort dürfte der Flopp von Arena-TV die Lust anderer Kabelfernseh-Unternehmen am Abenteuer Bundesliga drastisch geschmälert haben, sodass der DFL-Kirch-Verbund wohl allein dem neuen alten Monopolisten Premiere gegenübersteht.
Und was Kirch nach Informationen der Frankfurter Rundschau in Sachen Liga vorhat, lässt die Zweifel nicht gerade kleiner werden. Schon heute werden die Bundesliga-Bilder zentral produziert. Jetzt, so die FR, soll eine Art "Bundesliga-TV" entstehen, bei der Produktion und Redaktion in einer Hand lägen. Heraus kämen fertige Spielberichte, Kommentare und Analysen inklusive. Wenig vorstellbar, dass hier auch nur ein Sender zugreift.
STEFFEN GRIMBERG
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!