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Lektion für Hamburger

Umfassendes, weitgehend Hausbackenes, herausgegeben von der Hamburger Sparkasse zu ihrem 175. Jubiläum: Der Hamburgführer „Von Altona bis Zollenspieker“ will auch echten Hanseaten noch Neues über ihre Stadt verraten

Veddel steht neben Volksdorf. Dabei könnten diese beiden Hamburger Stadtteile gegensätzlicher kaum sein. Während zum Beispiel das von vielen für idyllisch gehaltene Volksdorf am Rande der Hansestadt nur einen Anteil von sechs Prozent ausländischer Bewohner vorweisen kann, stammen an der Süderelbe mehr als 62 Prozent der Einwohner nicht aus Deutschland. Wobei die Zahl der Straftaten im heterogenen Stadtteil Veddel um ein Drittel niedriger ist als in Volksdorf, dessen Bewohner durchschnittlich deutlich mehr verdienen als ihre Mitbürger im Zentrum der Stadt.

Weil die Namen der Viertel beide mit einen „V“ beginnen, stehen sie im neuen Nachschlagewerk Von Altona bis Zollenspieker nebeneinander. Zum 175. Jubiläum der Haspa erschienen, stellt das Buch alle 104 Hamburger Stadtteile in alphabetischer Reihenfolge vor: Von der Etymologie ihrer Namen über die Geschichte bis zu Einkaufsmöglichkeiten und kulturellem Angebot.

Das 2,3 Kilo schwere Werk ist weniger für Touristen gedacht, als vielmehr für eingefleischte Hanseaten. Denn in der ausführlichen Dokumentation der vielen Facetten der Stadt werden alle Bürger, so Redaktionsleiter Daniel Tilgner, „die Teile von Hamburg, in denen sie zu Hause sind oder arbeiten, in einer Mischung aus Bekanntem und Unbekanntem wiederfinden“. Also ein Blick über den Zaun des eigenen Vorgartens hinaus.

Bewohner der unterschiedlichen Stadtteile wurden von den 14 Redakteuren zur Mitarbeit herangezogen, denn die Idee sei „ein Buch von Hamburgern für Hamburger“ gewesen. Die Sorgen, Freuden, Meinungen und Befindlichkeiten von Repräsentanten der Hamburger Bevölkerung sollten ermittelt und dokumentiert werden.

Neben den Anekdoten haben auch historische Fakten ihren Platz. Dabei ist vor allem das Kapitel über hamburgische Stadtentwicklung von Interesse. Die Geschichte wird mit allen Höhen und Tiefen von der Hammaburg über den großen Brand bis zum „Tor zur Welt“ erläutert. Wobei der Leser auch über den Ursprung des Hafengeburtstags, die Rolle der preußischen Bezirke und die Entwicklung der Passagen aufgeklärt wird.

Eine kritische Auseinandersetzung mit den sozialen und gesellschaftlichen Problemen ist das Handbuch in keiner Weise. Allerdings werden die unterschiedlichen Verhältnisse in den Stadtteilen benannt – wobei die Reize von ärmeren und reicheren Regionen mit der gleichen Sorgfalt beschrieben sind.

HELENE BUBROWSKI

Von Altona bis Zollenspieker, Hoffmann und Campe, Hamburg 2002, 1184 S., 39,90 Euro

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