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Leiter der Kultusminister-Konferenz"Jedem Schüler gerecht werden"

Was sind zentrale Aufgaben für die Kultusminister-Konferenz? Die Qualität des Unterrichts und die individuelle Einbeziehung der Lernenden, meint der neue Generalsekretär Udo Michallik.

Fordern kann man vieles, gelernt wird, was an der Tafel steht. Bild: Photocase / Fa.bian
Anna Lehmann
Interview von Anna Lehmann

taz: Herr Michallik, wie ist es, neuer Generalsekretär einer Konferenz zu sein, die niemand mehr haben will?

Udo Michallik: Abschaffungsversuche der Kultusministerkonferenz wurden und werden in schönster Regelmäßigkeit laut. Ich habe dieses Amt angetreten, um darzustellen, wie gut wir sind und was wir in diesem Lande leisten.

Das kommt nicht so richtig an. Die Kultusministerkonferenz, kurz KMK, wird als träges Bürokratiemonster wahrgenommen.

Also, wir im Sekretariat sind eine schlanke und schlagkräftige Truppe. Und es gibt sehr viele gemeinsame Beschlüsse der KMK. Beeindruckendes Beispiel ist der Beschluss nach Pisa zur Entwicklung von Bildungsstandards. Wir sind jetzt dabei, diese Standards in allen Fächern zu entwickeln und in die Schulen hineinzubringen. Was an Herausforderungen an die Kultusminister herangetragen wurde, haben sie bar jeder ideologischen Diskussion zusammen angepackt.

Wie kommt es dann, dass jedes Bundesland seine eigene Bildungspolitik fährt: eine Berliner Grundschullehrerin ist nicht für Bayern ausgebildet, Sachsens Sonderpädagogen können nicht in Berlin eingesetzt werden?

Udo Michallik

ist seit dem 1. Oktober Generalsekretär der Kultusministerkonferenz. Zuvor war er Staatssekretär in Schwerin. Der Geisteswissenschaftler wurde 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter der CDU-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern für Bildung und Wissenschaft.

Die Kultusministerkonferenz hat bereits einheitliche Standards der Lehrerbildung entwickelt …

aber die werden nicht umgesetzt.

Da kann man der KMK keinen Vorwurf machen, es ist Sache der einzelnen Länder, sie umzusetzen. Das Thema Lehrerbildung steht aber definitiv auf der Agenda der nächsten Jahre. Wir haben bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in den nächsten Monaten wird man davon hören.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf? Sie waren ja vor Kurzem noch im Kultusministerium Mecklenburg-Vorpommern für das Thema verantwortlich.

Ja, ich habe ein Lehrerbildungsgesetz begleitet. Praxiselemente, Psychologie und Methoden - solche Inhalte müssen in die erste Phase der Lehrerausbildung integriert werden. Wer Lehrer werden will, muss bereits am Anfang seiner Ausbildung wissen, ob das der richtige Beruf für ihn oder sie ist.

Die Bundesbildungsministerin Annette Schavan hält es für möglich, dass es in drei Jahren ein zentrales Abitur gibt. Ist das in Ihren Augen realistisch?

Ich halte es für realistisch. Zurzeit beraten einige Bundesländer über einen gemeinsamen Aufgabenpool, mit gleichen Anforderungen. Mecklenburg-Vorpommern hat im Fach Englisch die Federführung übernommen, in drei Jahren wollen wir das erste Abitur unter dieser Maßgabe durchführen. Wie viele Länder sich dann daran beteiligen, werden wir sehen. Aber auch der Hamburger SPD-Bildungssenator und künftige KMK-Präsident, Ties Rabe, hat sich zu diesem Ziel bekannt.

Das bedeutet aber, wenn Schüler ähnliche Abituraufgaben bekommen, müssen sie in den Jahren davor auch das Gleiche lernen?

Die Frist von drei Jahren beinhaltet genau die Zeit, in der die betroffenen Schülerinnen und Schüler auf dieses Aufgabenformat vorbereitet werden sollen.

Ihre Partei, die CDU, hat sich vorsichtig für ein bundeseinheitliches Schulmodell ausgesprochen mit zwei wesentlichen Säulen - Gymnasium und Oberschule. Ein Schritt in die Moderne?

Ein Schritt, um die leidige Strukturdebatte zu überwinden. Viel interessanter als Strukturen finde ich persönlich die Lehrinhalte. Wir müssen uns mehr darum kümmern, wie wir Kinder individuell fördern können, wie Unterricht aussieht, der auf heterogene Gruppen ausgerichtet ist.

Sie klingen so begeistert, haben Sie da ein konkretes Beispiel vor Augen?

Ja, auf Rügen haben wir in einem Modellversuch getestet, wie Inklusion im Unterricht funktioniert. Die Ergebnisse haben mich überzeugt. Die Lehrer schaffen es, die Kinder so zu fördern, dass sie jedem Einzelnen gerecht werden. Die schlauen Schüler langweilen sich nicht, die langsamen werden motiviert. Wir schauen bei Förderschülern sonst immer, was sie nicht können, und setzen bei den Schwächen mit der Förderung an. Wer aber die Perspektive wechselt, sieht, wozu diese Kinder fähig sind. Die Lehrer auf Rügen haben für jedes Kind Entwicklungsberichte angelegt, und die Kurven zeigen bei allen Kindern am Ende des Schuljahres nach oben. Das geht.

Also, Rügen für die ganze Bundesrepublik?

Das wäre ja vermessen. Es gibt viele andere gute Beispiele. Aber das Thema Inklusion und Unterrichtsqualität wird auf jeden Fall einer meiner Schwerpunkte sein.

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1 Kommentar

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  • L
    Lothar

    Jedem Kind individuell gerecht werden? Das ist ja lachhaft. ALLE Maßnahmen, die heute diskutiert werden, weisen in die gegenteilige Richtung: mehr Zentralisierung, mehr Standardisierung, mehr Kontrolle von oben. Ein Schulsystem, in dem es immer weniger Freiheit gibt statt mehr, kann noch so viele kleine Modellversuche zur Inklusion machen, es wird an der Inklusion im wahren Verständnis dieses Begriffes scheitern, es begreift den Begriff nicht einmal, weil es eben nicht vom Individuum her, sondern von der Norm her denkt. Warum sind die Fragen des taz-Redakteurs so kläglich, warum rafft sich bei Euch niemand mehr zu kritischem Denken über Bildung im eigentlichen Sinne auf? Bei Adorno kann man dazu schon einiges lernen, bei demokratischen Schulen weltweit heute noch mehr. In Berlin gibt es übrigens ein paar. Geht mal hin, statt Bürokraten wachsweiche Fragen zu stellen.