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Leidvolle ForschungTierversuche nehmen zu

In Schleswig-Holstein sind 2013 fast doppelt so viele Tierversuche beantragt worden wie 2003 – die meisten Tiere werden für die Grundlagenforschung „verbraucht“.

KIEL taz | In Schleswig-Holstein sind im vergangenen Jahr mehr Tierversuche beantragt oder gemeldet worden als im Jahr zuvor und fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Das Kieler Landwirtschaftsministerium erklärte das mit der Förderung des entsprechenden „Clusters“ im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. Der Hauptteil der Tiere werde in der Grundlagenforschung eingesetzt.

Schleswig-Holstein hat nach Auskunft der Landesregierung 13 Einrichtungen, die regelmäßig Tierversuche machen. Der größte Teil davon werde jedoch an Instituten der Universitäten Kiel und Lübeck durchgeführt. Dabei gehe es auch darum, Medikamente zu entwickeln und zu prüfen, Stoffe auf ihre Giftigkeit zu testen sowie um Artenschutzprojekte wie die Erforschung des Vogelzuges. Eine besondere Dynamik verleihe dem Feld die Forschung an gentechnisch veränderten Tieren.

Auf den ersten Blick ist verblüffend, dass die Zahl der Tierversuche in Hamburg abnahm, während sie in Schleswig-Holstein zulegte. Doch zum einen schwankten die Hamburger Zahlen in den vergangenen drei Jahren, zum anderen gibt es ein weiteres Kriterium, um die Entwicklung der Tierversuche zu beschreiben: die Zahl der „verbrauchten“ Tiere. In den Jahren vor 2013 ging sie in Schleswig-Holstein zurück, während sie in Hamburg schwankte.

Da beide Länder nur im Mittelfeld spielen, lohnt ein Blick aufs gesamte Bundesgebiet. Nach Daten des Bundeslandwirtschaftsministeriums, die der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ zusammengestellt hat, ist die Zahl der „verbrauchten“ Tiere von 2010 bis 2012 von 2.860.000 auf 3.080.000 gestiegen. Die Zahlen für 2013 liegen nicht vor.

Uneinheitliches Bild

In Schleswig-Holstein wurden weit weniger Tierversuche durchgeführt als in Hamburg:

In Hamburg wurden im vergangenen Jahr 366 Tierversuche beantragt oder "angezeigt", 2012 aber 409 und 2011 nur 359.

In Schleswig-Holstein wurden im vergangenen Jahr 157 Tierversuche beantragt oder gemeldet, im Jahr davor 134 und vor zehn Jahren 85.

Die Zahl der verwendeten Tiere sank in Schleswig-Holstein von 2010 bis 2012 von 92.000 auf 69.000. In Hamburg schwankte sie zwischen 129.000 und 139.000.

Silke Bitz von „Ärzte gegen Tierversuche“ vermutet, dass sich der Trend im vergangenen Jahr ungebrochen fortgesetzt hat. Zwar ist 2013 eine neue EU-Richtlinie zu Tierversuchen in Kraft getreten, diese sei aber „keine wirkliche Verbesserung zu dem, was wir vorher hatten“, findet Bitz. Im Gegenteil: Die EU-Richtlinie habe zwar in einigen Ländern die Regeln verschärft, Deutschland habe sich jedoch nach unten angepasst.

Bitz kritisiert, dass der größte Teil der Tiere für die Grundlagenforschung eingesetzt werde – in Schleswig-Holstein rund 35 Prozent. Hier gehe es definitionsgemäß um das „Streben nach Erkenntnis“ oder, wie Bitz es sieht, darum, „die Forscherneugier zu befriedigen“. Im Übrigen sei es Mode geworden, an genveränderten Tieren zu experimentieren. Damit erklärt die Tierschützerin auch, dass seit Mitte der 90er-Jahre die Zahl der Versuchstiere wieder steigt.

Dabei gebe es fantastische Alternativen wie Computermodelle oder Biochips, auf denen verschiedene Arten menschlichen Gewebes untergebracht seien, sodass komplexe Wirkungen von Stoffen erforscht werden könnten. Die Unis Kiel und Lübeck konnten sich bis Redaktionsschluss nicht äußern.

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