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Leichtathletik Hallen-WM Deutsches Musterpaar

Hürdensprinterin Carolin Nytra und Weitspringer Sebastian Bayer lieben sich und die harte Arbeit für ihren Sport. Bei der Hallen-WM gewinnen beide Gold.

Unfassbar: Carolin Nytra nach der Auswertung des Foto-Finish. : reuters

Carolin Nytra hatte allen Grund zu feiern, nachdem sie in Paris Hallen-Europameisterin über 60 Meter Hürden geworden war. Doch das kam nicht in Frage. Ihr Freund, der Weitspringer Sebastian Bayer, brauchte seinen Schlaf. Sein Wettkampf stand ja erst noch bevor. Also war für Nytra am Freitagabend um 22.15 Uhr Feierabend - und Bayer dankte es ihr am Samstag auf die bestmögliche Art: er gewann ebenfalls Gold. Dabei verteidigte der 26-Jährige seinen Titel mit einer unwiderstehlichen Souveränität, er trat so selbstbewusst auf, als kenne er keine Rückschläge, keine Verletzungssorgen, keine Zweifel.

Und so klingt Bayer auch, als er nach dem Wettkampf sagt: "Ich trete nirgendwo an, um Zweiter oder Dritter zu werden." Er siegte mit 8,16 Metern, Silber gewann der Franzose Kafétien Gomis (8,03), Bronze der Däne Morten Jensen (8,00). Vor zwei Jahren, als er in Turin mit 8,71 Metern Hallen-Europarekord sprang, hätte Bayer mit 8,16 Metern nichts gewonnen. Deshalb war er bei aller Freude auch ein bisschen enttäuscht. Die Weite sei nicht das, was er sich erhofft hatte, sagte er im Palais Omnisport von Paris. Aber zwei seiner ungültigen Versuche wären wohl deutlich weiter gewesen - wenn er denn das Brett richtig getroffen hätte.

Auf Turin folgten für Bayer harte Zeiten. Er zog sich eine schwere Fußverletzung zu und laborierte lange daran. Bei der WM 2009 in Berlin schied er schon in der Qualifikation aus, bei der EM im letzten Sommer in Barcelona konnte er nur zuschauen, wie sein Ludwigshafener Kollege Christian Reif Europameister wurde. An einem solchen Karriereverlauf kann ein Athlet verzweifeln. Nicht jedoch Bayer. "Verunsicherungen verdrängen zu können", das zeichne absolute Spitzenathleten aus, sagte Herbert Czingon, der deutsche Cheftrainer für die technischen Disziplinen. Die ungemein selbstbewusste Körpersprache Beyers im Wettkampf von Paris habe aber auch ihn überrascht.

Als Beyer nach einem Fehlversuch und einem Sprung auf 8,10 Meter den dritten Versuch ausließ, war für Czingon klar: "Er macht aus einer Schwäche eine Stärke." Beyer verzichtete als der Mann, der alles im Griff hat, der das Geschehen bestimmt, und nicht als Athlet, der seinem schwächelnden Fuß in einem rasanten Wettkampf, bei dem jedem der acht Final-Springer kaum zehn Minuten Pause blieben, eine wenig Erholung gönnen muss. So ist Beyer: er ordnet alles in seinem Leben dem Sport unter und lässt keinerlei Zweifel zu. Seit vier Monaten lebt er mit Nytra in Mannheim: er kennt die Leichtathletik-Halle, das Stadion, den Kraftraum am Olympiastützpunkt in Heidelberg, war einmal im Kino und zweimal in einem Restaurant.

Carolin Nytra wechselte von Bremen nach Mannheim, um sich dort mit der Hilfe von Bundestrainer Rüdiger Harksen weiterzuentwickeln. Für ihren Heimtrainer Jens Ellrott tat es ihr leid, aber wenn Zweifel aufkamen, nahm Bayer sie ihr. Er sei "entspannt und unkompliziert", sagt Nytra, sie selbst hingegen werde schnell "bockig". Bayer zog mit nach Mannheim, obwohl er weiterhin für Hamburg startet und von seinem Heimtrainer Joachim Schwarzmüller in Aachen und dem Weitsprung-Bundestrainer Uwe Florczak in Hamburg betreut wird. Alles für den Sport - das gilt bei ihm nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Freundin. Deshalb war die Entscheidung, ob er sie begleitet, eine ganz nüchterne, rein sportliche. "Caro läuft zweimal in der Woche Hürden, ich springe einmal im Monat weit", sagt Bayer. Klare Sache also, wer von ihnen einen Spezialisten-Trainer an seiner Seite braucht und wer hin und wieder durch Deutschland touren kann.

Häufiger kann Bayer nicht springen, weil das sein Fuß nicht aushält. Und so wie Nytra von seiner Ruhe und Zuversicht profitiert, profitiert er von ihrem neuen Trainer Rüdiger Harksen und vielleicht auch von ihrer Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Sportpsychologen Hans Eberspächer. "Rüdiger ist ein absoluter Fachmann im Sprint, da kann ich genug lernen", sagt Bayer. Zum Psychologen gehe er zwar nicht, weil er vom Kopf her stark genug sei. "Aber ich rede mit Caro."

So lebt dieses Paar vor, was sich der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) mit Blick auf die Freiluft-WM im August in Südkorea und die Olympischen Spiele 2012 in London von all seinen Athleten wünscht. Bayer und Nytra glauben an sich, sie lassen sich von nichts und niemandem ablenken, sie sind offen für den Rat von Experten - und erfolgreich sind sie auch.

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