: Lehrer-Lotterie
Behörde sagt Sitzung ab, in der Schulen erfahren sollten, welche Schulform wie viele Lehrerstellen bekommt
Hamburgs Lehrer sind stinksauer: Eigentlich sollten die Personalräte gestern endlich erfahren, welche Schulform im nächsten Schuljahr wie viele Lehrerstellen haben soll und damit auch, wo wie viel gestrichen wird. Doch eine halbe Stunde vor der Sitzung sagte die Schulbehörde sie ab und verschob sie auf unbestimmte Zeit. „Als Begründung wurde uns erklärt, dass Schulsenator Rudolf Lange erst kurz zuvor mit neuen Zahlen aus einer Senatssitzung gekommen sei, und deshalb nun alles wieder neu gerechnet werden müsse“, sagt Ingrid Gröpl, Leiterin des Personalrats Gymnasien.
Sie spricht von einem „unzumutbaren Planungschaos“. An den Gymnasien wisse niemand, wie das Abi nach acht Jahren umgesetzt werden soll. Im Sommer aber kommen die neuen Fünftklässler, die bereits zwei Stunden mehr Unterricht erhalten sollen, um das erforderliche Stundenquantum bis zum Abi in acht statt neun Jahren zu erreichen.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kommentiert die abgesagte Sitzung und die offensichtlich schon wieder neuen Zahlen mit: „Chaos, Chaos, Chaos“. Fünf Wochen vor Schuljahresende sei der Senator nicht in der Lage, gesicherte Planungsdaten für das kommende Schuljahr vorzulegen, konkrete Aussagen über Stellenstreichungen und Lehrerbestand zu machen. Sicher sei nur, dass es drastische Streichungen geben werde.
„Die Stimmung in den Kollegien ist in hohem Maße explosiv, weil es ein solches Planungschaos noch nie gegeben hat“, sagt GEW-Sprecherin Ilona Wilhelm. Die Lehrer fürchten eine Welle der Umsetzungen von Pädagogen, damit wenigstens die Grundversorgung an allen Schulen gesichert ist. Doch auch dazu gibt es nichts Konkretes.
Die Schulbehörde wollte sich gestern zu der kurzfristig abgesagten Sitzung nicht äußern, versprach aber, in der morgigen Bürgerschaftssitzung endlich Zahlen auf den Tisch zu legen. Die lassen nichts Gutes erwarten, denn Finanzsenator Peiner (CDU) hatte gestern die neueste Steuerschätzung bekannt gegeben. Mit dem Zusatz, „dass es absolut keine Spielräume“ gebe.
Im Schulausschuss behauptete Lange gestern Abend: „Wir stehen ganz kurz davor, Klarheit, Wahrheit und endgültige Zahlen zu haben.“ Zum Thema PISA sagte er, dass die Behörde für Freitag oder Montag mit der Zustimmung der OECD zur Nacherhebung in Hamburg rechne. Ab Mittwoch soll dann befragt werden, diesmal allerdings verpflichtend. Die Fragebögen, so Lange, seien bereits gedruckt.
SANDRA WILDORF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen