Legida, Bärgida, Magida, Bagida: Ohne Dresden kaum Pegida
Der islamkritischen Bewegung gelingt es nicht, in anderen Städten Massen zu mobilisieren. Bundesweit waren es nur wenige Tausend – aber 45.000 Gegendemonstranten.
BERLIN/DÜSSELDORF/DUISBURG dpa | In Dresden, dem Zentrum der islamkritischen Pegida-Bewegung, waren für Montag sämtliche Kundgebungen aus Sicherheitsgründen verboten worden. Grund war eine Morddrohung von Islamisten gegen Pegida-Gründer Lutz Bachmann. Schon nächsten Montag will Pegida aber wieder in der sächsischen Landeshauptstadt demonstrieren.
Außerhalb Dresdens gelang es den Pegida-Organisatoren nicht, ihre Anhänger am Abend in nennenswertem Umfang zu mobilisieren – insgesamt waren es bundesweit nur wenige Tausend. Zu Demonstrationen gegen Pegida und für eine offene und tolerante Gesellschaft kamen in mindestens 15 Städten insgesamt rund 45.000 Menschen. Die größte Anti-Pegida-Demonstration gab es in München mit 11.000 Teilnehmern.
In Magdeburg trafen rund 600 Magida-Anhänger auf etwa 6.000 Gegendemonstranten. In Leipzig demonstrierten etwa 5.000 Menschen gegen den Pegida-Ableger Legida. In Berlin standen sich mehrere Hundert Bärgida-Anhänger und etwa ebenso viele -Gegner gegenüber.
Vier vorläufige Festnahmen nach Anti-Bärgida-Demo
Nach der Anti-Pegida-Demonstration in Berlin sind am Montagabend vier Teilnehmer am Berliner Alexanderplatz vorläufig festgenommen worden. Ihnen werden Verstöße gegen das Vermummungs- und Versammlungsverbot vorgeworfen, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Sie sind aber mittlerweile alle wieder auf freiem Fuß. Die Demonstrationen in der Berliner Innenstadt wie auch in anderen Stadtteilen verliefen ohne Zwischenfälle.
Für den Berliner Pegida-Ableger Bärgida gingen rund 400 Menschen auf die Straße. Einige Hundert Gegendemonstranten liefen unter dem Motto „Gemeinsam gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung“ vom Bundeskanzleramt Richtung Alexanderplatz. Zur Teilnahme hatte auch der Türkische Bund aufgerufen. Der Polizei gelang es mit einem großen Aufgebot, die beiden Gruppen auseinanderzuhalten.
Vier Polizisten in Duisburg verletzt
Bei Anti-Pegida-Demonstrationen in der Duisburger Innenstadt sind am Montagabend vier Polizisten verletzt worden. Während Tausende Menschen ein friedliches Zeichen gegen den Aufzug der islamkritischen Pegida setzen, waren etwa 200 Linksautonome für die Gewalt verantwortlich, wie die Polizei mitteilte. Es flogen Böller und Steine. Demonstranten versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen. Ein Mann griff eine Polizistin an, die auf ihren verletzten Kollegen wartete. Nach Angaben der Polizei versammelten sich in Duisburg rund 600 Anhänger der Pegida-Bewegung, darunter 250 Hooligans. Von ihrer Seite habe es keine Gewalt gegeben, hieß es.
Jäger: NRW-Pegida rechtsextrem unterwandert
Die Pegida-Bewegung in Nordrhein-Westfalen ist nach Einschätzung von Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) von Rechtsextremisten dominiert. Sie sei anders als Pegida in Dresden, sagte Jäger am Dienstagmorgen im Sender WDR 5. In NRW sei Pegida von Rechtsextremisten zumindest unterwandert, meistens auch gesteuert, betonte Jäger, der am Vorabend an einer Demonstration gegen Pegida in Duisburg teilgenommen hatte.
Dort waren am Montagabend wie auch in Bielefeld und erneut in Düsseldorf Tausende zu Protesten gegen die islamkritische Bewegung auf die Straße gegangen. Offensichtlich mischten sich auch gewalttätige Linke unter die Demonstranten. In Duisburg kam es zu Ausschreitungen, es flogen Böller und Steine, vier Polizisten wurden verletzt.
Jäger bezeichnete Pegida insgesamt als ein „Ärgernis“, weil die islamkritische Bewegung auf eine Spaltung der Gesellschaft hinarbeite. Jedoch stehe auch ihr das Demonstrationsrecht zu. Das Demonstrationsverbot in Dresden sei eine Ausnahme in einer konkreten Gefährdungssituation gewesen, betonte Jäger.
Merkel plädiert für Demonstrationsrecht
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Montag die Bedeutung des Demonstrationsrechts hervorgehoben. „Ich habe als Bundeskanzlerin, unbeschadet ob mir die Inhalte gefallen, ein Interesse daran, dass an jedem Ort in Deutschland demonstriert werden kann, weil es sich um ein Grundrecht handelt“, sagte sie in Berlin.
Ein Demonstrationsverbot wegen Terrorwarnungen darf aus Sicht des früheren Verfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier keine „Dauerlösung“ werden. „Ein Versammlungsverbot wegen aktueller Bedrohungslage, wie dies für Montagabend für alle Versammlungen in Dresden erlassen worden war, ist nur ausnahmsweise zulässig“, sagte Papier der Rheinischen Post (Dienstag). „Die Polizei und die Sicherheitsbehörden sind nicht dazu da, Versammlungen zu verbieten oder sie aufzulösen, sondern vielmehr sie zu schützen.“
Grünen-Chefin Simone Peter forderte Polizei und Behörden auf, ein sicheres Umfeld zu gewährleisten, damit nächste Woche wieder jeder sein Demonstrationsrecht wahrnehmen könne. „Unsere offene Gesellschaft darf vor Gewaltandrohungen nicht zurückweichen“, sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstag). Der Chef der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte der Passauer Neuen Presse, das Verbot dürfe nicht „die Blaupause für die Zukunft“ sein. „Wir dürfen aus Pegida keine Versammlungsmärtyrer machen.“
In Sachsen wollen am Dienstag ehemalige DDR-Bürgerrechtler und Montagsdemonstranten mit Pegida-Anhängern ins Gespräch kommen. Zu einem Diskussionsforum in der Leipziger Volkshochschule werden Vertreter des Pegida-Ablegers Legida erwartet. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nimmt an einem Podium in der Dresdner Frauenkirche teil. Am Mittwoch will Legida über den Leipziger Ring marschieren, den historischen Ort der Montagsdemonstrationen 1989.
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