Lebenspartnerschaft und Ehe: Gleichbehandlung in Trippelschritten
Der niedersächsische Landtag hat die Gleichbehandlung von Lebenspartnerschaften mit Ehen beschlossen - allerdings spät und nicht rückwirkend, wie SPD und Lesben- und Schwulenverband bemängeln.
Der Landtag in Niedersachsen hat die Änderung einer ganzen Reihe von Landesgesetzen beschlossen, um die Gleichbehandlung von Ehepartnern und Lebenspartnern umzusetzen. Es geht um kleine Formulierungen in Gesetzen zur Fischerei, zur Landwirtschaftskammer und zu den Schulen. Weit über ein Dutzend Landesgesetze werden angepasst. Fast überall wo Ehepartner besondere Rechte erhalten, sind nun auch Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft genauso ausgestattet.
Diese Änderungen werden aber finanzielle Wirkungen für die Lebenspartner haben - und für das Land: Schwule und Lesben werden künftig bei der Beamtenbesoldung gleichgestellt. Bisher bekommen Verheiratete mehr Geld als Homosexuelle in eingetragenen Partnerschaften.
CDU, FDP und Linke stimmten für diese Regelung, die Grünen haben sich enthalten, die SPD votierte dagegen. "Der Gesetzentwurf der Landesregierung schafft keinen Rechtsfrieden. Deshalb können wir ihm auch nicht zustimmen", sagte die stellvertretende innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sigrid Leuschner. Die SPD ist wie der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) der Auffassung, dass es ein Anrecht auf eine rückwirkende Regelung gebe. Außerdem bemängelt sie den späten Zeitpunkt: Die Landesregierung hätte schon vor Jahren alles daran setzen müssen, die Gesetzesänderungen wesentlich früher zu verabschieden, sagt Leuschner. "Niedersachsen hat aufgeholt, was in den anderen Nordländern schon Gesetz ist", sagt auch Renate Rampf vom LSVD. Schon im Oktober 2007 hatte der Landtag die Landesregierung beauftragt, baldmöglichst einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Gleichbehandlung homosexueller Lebenspartner mit Ehepartnern im gesamten niedersächsischen Recht beinhaltet.
Bremen hat als erstes Bundesland 2007 die Gleichstellung von Eheleuten und Lebenspartnern im Beamtenrecht umgesetzt und ist dafür vom Lesben- und Schwulenverband ausgezeichnet worden.
Hamburg hat eine solche Regelung erst im Dezember 2009 verabschiedet, sie gilt allerdings rückwirkend ab 2001.
In Mecklenburg-Vorpommern bekommen Beamte, die eine Lebenspartnerschaft abgeschlossen haben, seit Juli 2008 die gleichen Zahlungen wie verheiratete.
In Schleswig-Holstein sind Bestimmungen zum 1. Juni 2010 angepasst worden.
Der LSVD glaubt, eine Rückwirkung sei nicht nur politisch richtig, sondern auch rechtlich geboten. Er beruft sich dabei auf die Richtlinie zur Gleichbehandlung der EU in Beschäftigung und Beruf aus dem Jahr 2000, die im Dezember 2003 von den EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt sein sollte. Weitere Argumentationshilfe lieferte dem Homosexuellen-Verband das Bundesverfassungsgericht mit einem Urteil im Juli: Darin fordert das Gericht die Gleichbehandlung von Homowitwen und -witwern bei der Besteuerung von Erbschaften - auch rückwirkend ab 2001. Der LSVD glaubt, dass sich aus dem Urteil eine generelle Pflicht ableiten lässt, Ansprüche ab dem Jahr 2001 anzuerkennen.
Abgeordnete der Regierungsfraktionen berufen sich dagegen auf staatsrechtliche Gutachten, die keine juristischen Pflichten sehen, die Gleichbehandlung schon ab dem Jahr 2001 gelten zu lassen. "Da es rechtlich keine Verpflichtung gibt, haben wir das politisch entschieden", sagt Hans-Christian Biallas von der CDU-Fraktion. Angesichts der Haushaltslage habe man sich dagegen entschieden, die Ansprüche auch rückwirkend in Kraft treten zu lassen. "Wenn man so pleite ist wie wir, dann würde man nie finanzielle Verpflichtungen eingehen, wenn es nicht notwendig ist." Außerdem hielten das fast alle anderen Länder so - nur im Hamburg und Berlin gebe es eine Rückwirkung.
Jan-Christoph Oetjen (FDP) begründet die späte Gleichstellung damit, dass der Landtag erst am Ende der Legislaturperiode beschlossen habe, die Gesetze anzupassen. Nach der Wahl sei ein Entwurf eingebracht worden, doch die Behandlung im Innenausschuss habe sich verzögert, weil der Ausschuss mit anderen Großprojekten wie dem Versammlungsrecht beschäftigt gewesen sei. "Außerdem gab es umfangreiche Anhörungen", sagt er. "Es war eine ganze Zeit nicht klar, was geändert werden muss", sagt auch CDU-Mann Biallas. Es seien alle Gesetze durchforstet worden, die verschiedenen zuständigen Ministerien hätten beteiligt werden müssen.
"Den Betroffenen bleibt deshalb nichts anderes übrig, als zu klagen", sagt die SPD-Abgeordnete Leuschner. Sie erwartet wie der LSVD eine Prozesswelle. Der Verband hält einen Mustertext bereit und verweist auf eine ganze Reihe von laufenden juristischen Auseinandersetzungen.
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