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Lebensmittelkrise durch BienenmangelZu wenig Bestäuber

Britische Biologen fürchten Ernteausfälle. Denn es fehlt ihrer Ansicht nach an sieben Milliarden Bienen, um alle Pflanzen zu bestäuben.

Wilde Bestäuber: Hummeln sind viel unzuverlässiger als kontrollierte Bienenvölker. Bild: ap

BERLIN taz | In mehr als der Hälfte der europäischen Staaten gibt es nicht genug Honigbienen, um alle Pflanzen zu bestäuben. Laut einer im Wissenschaftsjournal PLoS One veröffentlichten Studie liegt dies vor allem am Boom der Anbauflächen für Biokraftstoffe. Den gestiegenen Bedarf an Bestäubern könne Apis mellifera nicht decken: Die Flächen seien zwischen 2005 und 2010 fünf mal so schnell gewachsen wie der Bienenbestand.

Die Wissenschaftler der britischen Universität Reading warnen bereits vor Engpässen in der Nahrungsversorgung. Gut drei Viertel der Nutzpflanzen benötigen eine Bestäubung. Die Honigbiene erledigte bislang fast 90 Prozent dieser Aufgabe, mittlerweile werden jedoch laut Studie nur noch zwei Drittel der Blüten von ihr angeflogen.

„Es fehlen sieben Milliarden Bienen, um europaweit alle Pflanzen angemessen zu bestäuben“, erklärt Studienleiter Simon Potts. Am stärksten betroffen seien Großbritannien und das Baltikum, doch auch in Deutschland werden viermal mehr Bienen benötigt als vorhanden. „Wir vermuten, dass Hummeln bislang den Bedarf decken“, sagt Potts.

Doch er warnt davor, sich auf die „wilden Bestäuber“ zu verlassen. Hummeln seien viel unzuverlässiger als kontrollierte Bienenvölker. Dies könne sogar zu gravierenden Ernteausfällen führen.

Der Raps ist Schuld

In den Jahren 2005 bis 2010 wuchs der Anteil der Energiepflanzen in Europa laut Studie um 30 Prozent: derzeit gibt es in Deutschland 2,5 Millionen Hektar, etwa ein Fünftel der gesamten Ackerfläche. „Und der Hauptproduzent des Biokraftstoffs Raps benötigt eine Fremdbestäubung“, also Bienen, erläutert Nicole Paul von der vom Bund finanzierten Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe.

Doch die Bienenpopulation wächst nicht mit den Flächen mit. Adam Vanbergen, Biologe vom britischen Center for Ecology and Hydrology sieht die Ursache dafür im industriellen, monokulturellen Anbau vor allem von Energiepflanzen. „Erstens finden sie dort nicht genügend Nektar und Nährstoffe. Unterernährte Insekten sind anfälliger für Krankheiten und Parasiten“. Außerdem werden in Monokulturen verstärkt jene Pestizide eingesetzt, die bei den Insekten Krankheiten auslösen.

Es ist ein Teufelskreis: Die Felder der Energiepflanzen zerstören die Bienen, auf die sie gleichzeitig angewiesen sind. Dies wird sich noch verstärken. Bislang sollen in der EU bis 2020 10 Prozent der Treibstoffe aus erneuerbaren Quellen kommen. „Die Nahrungsmittel müssen bestäubt werden, sonst droht eine Lebensmittelkrise“, sagt Potts. Die zu vermeiden, sei nur möglich, wenn die Bienen durch nachhaltigere Landwirtschaft erhalten werden.

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5 Kommentare

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  • O
    Oekologe

    Was für eine tolle Studie: wegen einer Agro-Fehlentwicklung müssen jetzt mehr Bienen her! „Und der Hauptproduzent des Biokraftstoffs Raps benötigt eine Fremdbestäubung, also Bienen" – die (vermeintliche) Profit-Spirale dreht sich weiter und der Irrsinn der sog. "Biokraftstoffe" entlarvt sich noch mehr. Schon mal was von ökologischen Zusammenhängen und vernetztem Denken gehört?

  • E
    emil

    das erinnert mich an fukushima. da brauchen sie auch menschen um dieses wrack instandzusetzen. durch diese arbeit sterben die menschen aber dank erhöhter strahlung schneller und können nicht mehr so schnell in den reaktor rein - mist.

    aber der kapitalismus weiß sich schon zu helfen. einfach von allem noch viel mehr. vielleicht könnten bienen auch besser bezahlt werden?

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Der Der Mensch wird wohl eines Tages an etwas aussterben, womit er nicht gerechnet hat. Er hat es zwar geschafft, mit Hilfe von Pestiziden den Ernteertrag zu vervielfachen, aber als Nebeneffekt sterben jetzt eben die Bienen, auf die alle Blütenpflanzen angewiesen sind. Dem Ökozid kann sich am Ende auch der Mensch nicht entziehen.

  • D
    Desillusionist

    "Hummeln sind viel unzuverlässiger als kontrollierte Bienenvölker" - Das ist in dieser Pauschalität schlicht falsch. Hummeln agieren als Wildtiere natürlich weniger an Menscheninteressen orientiert als die domestizierten Wildbienen. Sie sind aber sehr viel effizientere und zuverlässigere Bestäuber als die Honigbiene.

     

    Das Grundproblem ist, daß nicht domestizerte Stechimmen erhebliche Anforderungen an ihre Lebensgebiete stellen, weil sie eben nicht in einem vom Menschen erbauten Bienenstock leben. Durch die Veränderungen der Kulturlandschaft in Richtung grosser Monokulturen sind die Lebensbedingungen von Wildbienen in den letzten Jahrzehnten durchgehend schlechter geworden. Es gibt Gebiete in Deutschland (Maisanbau), in denen Hummeln bereits ausgestorben sind. Jede ausgedehnte Monokultur ist problematisch, weil sie nach Verblühen der Futterpflanzen eine Umstellung des gesamten Volkes auf neue Nahrung erfordert. In dieser Zeit herrscht für das Volk Nahrungsmangel und dadurch induzierter Stress.

     

    Wie man Bienen, vor Allem den wilden, helfen kann, steht in der entsprechenden Literatur oder Ratgebern im Internet. Es muss aber eine Interesse daran und der Wille dazu bei Gartenbesitzern oder Landwirten vorhanden sein, sonst geht es nicht.

    • U
      uha4
      @Desillusionist:

      Hummeln und sonstige Wildbienen, haben das Problem, dass nur die Königin überwintert und sich im Frühling erst wieder ein Volk aufbauen muss. Das braucht Zeit.

      Dagegen starten die Honigbienen im Frühjahr direkt mit einem kleinen Volk.

      Darum sind die Honigbienen bei früh blühenden Kulturpflanzen unverzichtbar.

      Der Raps blüht später, bis dahin könnten die Hummeln auch schon soweit sein, aber sie brauchen natürlich ausser Lebensraum zum Nisten auch vor der Rapsblüte schon Nahrung, also Blütenvielfalt. Dei den Honigbienen kann der Imker da tricksen, indem er die Völker zur jeweiligen Tracht fährt.