Lebensmittel-Tricksereien: Täuschung mit falschem Essen
Nach Analogkäse und Schinkenimitaten werden neue gefälschte Lebensmittel bekannt. Verbraucherschützer prangern elf weitere Fälle an.
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"Wasabi Erdnüsse" steht auf der Verpackung, drin stecken aber statt des Wassermeerrettichs aus Japan unter anderem Algenkonzentrat und Aroma. Für Ernährungsexperte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg ist das Irreführung des Kunden - und kein Einzelfall. "Die Zahl der Lebensmittelplagiate hat zugenommen", sagte Valet am Freitag der taz. Immer mehr Hersteller würden Originalzutaten durch Billigstoffe ersetzen und das nicht deutlich genug auf der Verpackung deklarieren. Der Hersteller der kritisierten Erdnüsse, The Lorenz Bahlsen Snack-World GmbH, war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die Verbraucherzentrale hat zwar keine repräsentativen Zahlen, um ihre Trend-Beobachtung zu belegen. Aber nach dem Aufruhr um "Analogkäse" und "Mogelschinken" veröffentlichte sie eine Liste mit elf ebenfalls befremdlichen Ergebnissen von Stichproben. Am liebsten nennt Valet das Produkt "Mini Keks Bolde", auf dessen Verpackungsvorderseite in Großbuchstaben "Schoko" steht. Klingt nach Schokolade, aber nur auf der unteren Packungsseite verrät Hersteller Biscuits Delacre, worum es sich wirklich handelt: um "Kekse mit Kakaocremefüllung". Diese bestehe aus einem billigem Schokoladenimitat, sagt Valet. Die deutsche Marketingleiterin von Delacre, Anja Schmeling, bestreitet das auch gar nicht. Für sie ist nur wichtig: "Das ist alles super deklariert." Die Bezeichnung "schoko" beschreibe eine Geschmacksrichtung, nicht den genauen Inhaltsstoff.
Auch die lose verkaufte "Surimi-Garnele" ist für die Verbraucherschützer mehr Schein als Sein. Form und Farbe sind fast genauso wie die eines echten Meereskrebses. Aber Surimi besteht nun mal nur aus gepresstem Eiweiß sonst nicht verwertbarer Fische, Geschmacksverstärkern, Aromen und Farbstoffen. Manche Varianten enthalten sogar Hühnereiweiß. Imbisse bieten das Ganze aber oft als "Surimi Garnele, gefangen" an.
"Es reicht heutzutage nicht mehr aus, nur gemäß dem Lebensmittelrecht zu informieren", meint Valet. Der Verbraucher müsse sich binnen weniger Sekunden für ein Produkt entscheiden und habe kaum Zeit, auf jeder Verpackung das Kleingedruckte zu studieren. Schließlich werde die Produktvielfalt immer größer und die Lebensmittelchemiker entwickelten zusehends neue Imitate.
Die Verwirrung, da ist sich Valet sicher, sei Absicht. Denn er vermutet: "Die Hersteller wollen an den Rohstoffkosten sparen, um den Gewinn hoch zu halten."
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