Die Anderen: Le Monde
■ Betr.: Die französische Zeitung kommentiert die Entscheidung des Bundestages, Bundeswehrsoldaten nach Bosnien zu entsenden
Die französische Zeitung kommentiert die Entscheidung des Bundestages, Bundeswehrsoldaten nach Bosnien zu entsenden: „Ohne mich. Dieser Slogan der Sozialdemokraten, die in den fünfziger Jahren die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik ablehnten, hätte das Schlagwort der deutschen Außenpolitik der vergangenen Jahre sein können ... Fünfzig Jahre Frieden haben in der Bundesrepublik die Mentalitäten tiefgreifend verändert und einen vom Bewußtsein unseliger Zeiten geformten Moralismus gestärkt. Diese Tendenz findet sich nicht nur in der traditionell pazifistischen sozialdemokratischen Linken, die jetzt die ,Militarisierung‘ der deutschen Außenpolitik verurteilt und vor der Gefahr warnt, daß die Bundesrepublik in den Bosnienkonflikt hineingezogen wird. Sie betrifft die Gesamtheit der politischen Klasse, die lange Zeit glaubte, sie könne ihre Verpflichtungen gegenüber den Partnern mit der ,Scheckbuchdiplomatie‘ erfüllen ... Es ist verständlich, daß die Sozialdemokraten und noch andere Wachsamkeit predigen, aber wenn sie ,Militarismus‘ anprangern, dann irren sie sich im Ziel.
Seit der Einheit, dem Zusammenbruch des Sowjetsystems und dem Auftreten von Regionalkonflikten im europäischen Grenzland hat sich die Situation verändert. Es handelt sich nicht mehr darum, seine prinzipielle Solidarität gegenüber einer aus dem Osten kommenden globalen Bedrohung zu zeigen, sondern eine Teilnahme an konkreten Fällen bei Erhalt oder Wiederherstellung des Friedens, bei der man auch das Eingehen von Risiken akzeptiert.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen