: Lauter nette Leute
Einen Blick hinter die Kulissen des „Klein-Manhattan“ von Bremen gestattet uns der Fotograf Frank Pusch mit seinen Bildern aus Osterholz-Tenever. In nüchterner Inszenierung vor weißem Hintergrund zeigt er Menschen, die hier leben: Ausländer, Deutsche, Alte, Kinder samt Hund und Plüschtier – alle finden sie Platz im gleichen Rahmen, im streng quadratischen Format von PuschsAufnahmen.
Was im hinreichend bekannten Gewand einer vermeintlich neutralen Inszenierung daherkommt, entpuppt sich rasch als lebendiges Spiel mit Format, Menschen und Größenverhältnissen. Die Beschränkung der optischen Reize führt zur Konzentration auf die Porträtierten, die so gar nicht ins Klischee der bemitleidenswerten, frustrierten Zeitgenossen passen wollen, die womöglich dauernd vor dem Fernsehschirm herumhängen. Nein, trotz der Betonkultur ringsherum, sozialer Benachteiligung und hoher Kriminalität zeigt der Querschnitt, den Pusch wählt, lebendigen Typen von Menschen, die hier leben und die anscheinend glücklich sind, dies hier und jetzt zu tun. Das Bild vom dauernd deprimierten Bewohner dieser Betonsilos bekommt einen Riß – man kann Puschs Bilder durchaus als subversiv bezeichnen.
Wie liebevoll er mit seinen Modellen, die er über das Kulturbüro Tenever kennenlernte, umgeht, zeigt sich besonders hervorstechend im Bild einer älteren Dame. Mit ihrer Geh- und Transporthilfe steht sie würdig und in sich gekehrt im Bild. Neben sich hat sie ihrem Hund ein Deckchen ausgebreitet, auf dem dieser in augenscheinlicher Selbstverständlichkeit thront. So einfach und simpel die Konstruktion des Bildes anmutet, so deutlich tritt das liebevolle Verhältnis zu ihrem vierbeinigen Begleiter in den Vordergrund. Am Tag der Eröffnung saßen Frau und Hund einträchtig im Raum und beobachteten das Geschehen. Tristan Vankann
„Lauter Leute Bilder“, bis 1. April im Kulturbüro Tenever, Neuwieder Straße 44a. Öffnungszeiten: Di, Do 15-18 Uhr; Mi 14-15 Uhr
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