Langweilige Fußball-Pressekonferenzen: „Bin bereit, die Wahrheit zu sagen“
Der Trainer von Mainz 05 kritisiert Journalisten, weil diese zu oberflächliche Fragen stellten. Wo er recht hat, hat er nicht recht.
Sandro Schwarz ist enttäuscht: nicht von seinen Spielern oder den Schiedsrichtern, nein, der Trainer des Bundesligaklubs Mainz 05 ist enttäuscht von den Journalisten. Und das auch nicht, weil sie zu frech oder böse oder ungerecht wären, sondern weil die ReporterInnen zu zahm seien. So steht es auf der Website des Südwestdeutschen Rundfunks (SWR). Genauer gesagt: So stand es auf der Seite des SWR. Der Text ist mittlerweile offline. Warum? Am Mittwoch ist Feiertag im Südwesten, die Frage blieb unbeantwortet.
Schwarz mokiert sich in dem nicht mehr zugänglichen Text über Pressekonferenzen: „Wie das vor den bisher zehn Liga- und den beiden Pokalspielen gelaufen ist, dass finde ich total unbefriedigend“, sagt er. Die Fragen seien oberflächlich. „Da ist so eine PK nach acht Minuten vorbei. Da frage ich mich, was sollte das jetzt? Ich habe einige Journalisten auch schon gefragt, ob sie damit zufrieden seien. Die haben gesagt: Ja! Das kann ich nicht verstehen.“ Er selbst wolle den Austausch. „Ich bin bereit, die Wahrheit zu sagen.“
Hui, ein Kämpfer für den kritischen, öffentlichen Diskurs? Es gab zumindest viel Applaus für Schwarz – in erster Linie von sich und die KollegInnen gern selbst geißelnden JournalistInnen.
Doch: So recht Schwarz damit hat, dass im Sportjournalismus viel oberflächlicher Quatsch gefragt und herausgeblasen wird, so falsch liegt er mit seiner einseitigen Kritik an der Performance der ReporterInnen.
Dass Pressekonferenzen langweilig sind, daran haben die Vereine schön selbst mitgearbeitet – mit ihren Larifari-Antworten. Auch eine kritische Begleitung sehen die Klubs äußerst ungern, in anderen Städten, bei anderen Klubs wurde zu viel Kritik schon mit Entzug der Akkreditierungen bestraft. Auch eignet sich eine PK nur bedingt als Ort des Austauschs für die eigene kritische Geschichte. Denn die Konferenzen werden nicht selten gestreamt, und wer will schon seine womöglich exklusive Story mit aller Welt vorab teilen? Doch alle anderen Zugänge verwehren viele Klubs den Berichterstattern.
Und nicht nur das: Es wird versucht, die unabhängigen Medien aktiv zu umgehen. Man kann das eigene Publikum schließlich auch über die eigenen (Social-Media-)Kanäle erreichen.
Es braucht sich also eigentlich keiner über langweilige Pressekonferenzen zu wundern. Auch nicht Sandro Schwarz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin