: Lange Tradition
betr.: „Expedition ins Reich“ (Resozialisierung von rechten Straftätern), taz vom 23. 1. 02
Mit Interesse haben wir den Artikel zur Kenntnis genommen, in dem die Besichtigung von KZ-Gedenkstätten durch rechtsextreme Gruppen als Novum in der pädagogischen Arbeit mit rechten Jugendlichen geschildert wird. Dies ist nicht zutreffend, da bereits in dem von Ihnen beschriebenen „Aktionsprogramm gegen Gewalt und Aggression“ ähnliche Projekte durchgeführt wurden. Ebenso haben sich unterschiedliche KZ-Gedenkstätten, wie Dachau, mit dieser Thematik intensiv auseinandergesetzt und an entsprechenden Konzeptionen gearbeitet.
Eine Arbeit in KZ-Gedenkstätten hat also bereits lange Tradition. Allerdings müssen derartige Projekte gut und intensiv vorbereitet werden, denn fremdenfeindliche und antisemitische Äußerungen und Einstellungen bei Jugendlichen lösen sich nicht durch autoritäre Blicke der Betreuer auf. Vielmehr werden so bekannte hierarchische Führungsstrukturen reproduziert. Noch weniger wird rechtsextremen Einstellungen begegnet, wenn die Jugendlichen den Kontakt nach dem Gedenkstättenbesuch abbrechen, wie in ihrem Bericht beschrieben. Wo bleibt die Konfrontation und Auseinandesetzung mit rechten Einstellungen im Alltag und in der konkreten Lebenswelt der Jugendlichen?
Das Phänomen Rechtsextremismus ist nicht allein durch pädagogische Projekte, wie sie schreiben, „in den Griff zu bekommen“. Vielmehr müssen gesellschaftliche Rahmenbedingungen, politische Entscheidungen und jugendpolitische Maßnahmen ineinander greifen, um Lebensbedingungen und Zukunftsperspektiven für Jugendliche positiv zu verändern.
Abschließend betonen wir wieder einmal, dass die pauschale Aussage, akzeptierende Jugendarbeit sei gescheitert, falsch ist. Bereits seit über zehn Jahren bedeutet akzeptierende Jugendarbeit explizit, die Jugendlichen mit ihren Äußerungen, Verhaltensweisen und Straftaten zu konfrontieren. […] IMKE SONNENBERG
für die MitarbeiterInnen von VAJA e. V. Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Cliquen, Bremen
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